Streit um Vertriebenen-Stiftung FDP-Politiker Gerhardt kritisiert Steinbach-Vorschlag

München (RPO). Der ehemalige FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt stellt sich gegen die Forderungen des Bundes der Vertriebenen (BdV) zur Änderung des Gesetzes über die Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung". "Das Gesetz ist eine gelungene Lösung, wir sollten daran festhalten", sagte er in einem Interview. Unterdessen haben sich die Mitgliedsbeiträge des BdV halbiert.

 Wolfgang Gerhardt ist bei der FDP wieder im Gespräch.

Wolfgang Gerhardt ist bei der FDP wieder im Gespräch.

Foto: ddp, ddp

Die Präsidentin des BdV und CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach hatte vor kurzem eine Lösung des festgefahrenen Streits über ihre Entsendung in den Beirat der Vertriebenenstiftung vorgeschlagen. Sie will auf ihren Sitz verzichten, falls der BdV deutlich mehr Stimmen erhielte. Zudem fordert sie eine Abkopplung vom Deutschen Historischen Museum und eine größere Fläche für das geplante Dokumentationszentrum.

Außenminister Guido Westerwelle, der die Entsendung Steinbachs in den Stiftungsbeirat blockiert, hatte eine "faire, sachliche und konstruktive" Prüfung des Kompromissvorschlags zugesagt. Wolfgang Gerhardt ist Vorsitzender der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Er wendet sich vor allem gegen die Forderung, das Recht des Bundeskabinetts auf Berufung der Mitglieder des Stiftungsbeirats abzuschaffen.

Nach jetziger Regelung haben Organisationen wie der BdV nur ein Vorschlagsrecht. Gerhardt sagte gegenüber der "Süddeutschen Zeitung": "Wenn der Staat, wie die Vertriebenen es gewollt haben, deren Anliegen wahrnehmen soll, dann muss er auch das Benennungsrecht behalten."

Gerhardt sprach sich auch dafür aus, die Trägerschaft des Deutschen Historischen Museums für die Stiftung beizubehalten. Diese Konstruktion symbolisiere, dass der Staat das Schicksal der Vertriebenen auch zu seinem Anliegen mache.

Wolf von Lojewski sieht Steinbach als Störfaktor

Kritik an Erika Steinbach kommt auch von dem ZDF-Journalisten Wolf von Lojewski. "Bei diesem Thema gilt nun einmal: Erika Steinbach ist - ganz objektiv betrachtet - ein Störfaktor." Er sagte der "Frankfurter Rundschau": "Frau Steinbach muss sich zurückziehen, ohne Bedingungen und neue Forderungen." Lojewski, der bis 2003 das "heute journal" moderierte, war am Ende des Zweiten Weltkriegs selbst mit seiner Familie aus Masuren im heutigen Polen (ehemals Ostpreußen) vertrieben worden.

Steinbach stehe "der Normalität in den Beziehungen zweier Nachbarländer im Weg. Und übrigens auch der Normalität in den individuellen Beziehungen zwischen Vertriebenen und Polen", sagte von Lojewski. Statt dem Versöhnungsgedanken zu dienen, habe das Stiftungsprojekt bisher vor allem Streit geschürt. "Es geht hier nur darum, wer in einem elenden Fingerhakeln der Stärkere ist."

Mitgliedsbeiträge des Vertriebenenbundes von 2001 bis 2006 halbiert

Der Bund der Vertriebenen hat in den vergangenen Jahren massive Einbrüche bei den Mitgliederbeiträgen verzeichnet. Das hat die Bundesregierung bereits vor drei Jahren offiziell bekanntgegeben. In einer Antwort (Bundestagsdrucksache 16/2599) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke zur Geschichte des BdV teilte die Bundesregierung am 18. September 2006 unter anderem mit: Der BdV habe "zu einer Prüfungsmitteilung des Prüfungsamtes Frankfurt berichtet, dass die Beitragszahlungen seiner Mitglieder seit 2001 um die Hälfte gesunken seien".

Offiziell spricht der Verband seit mehr als 20 Jahren von rund zwei Millionen Mitgliedern. "Die Zeit" berichtete 1985, dass der damalige langjährige BdV-Sprecher Bruno Kussl die Zahl auf rund 2,2 Millionen geschätzt habe. Trotz der Halbierung der Mitgliederbeiträge seit 2001 arbeitet der BdV bis heute mit dieser Zahl.

Einen Bericht der Nachrichtenagentur ddp, wonach der BdV lediglich etwa 550 000 Mitglieder hat, hat der Verband zurückgewiesen. Die Struktur des BdV mit seinen Landesverbänden, Landsmannschaften und weiteren Untergruppierungen sei sehr komplex, hieß es beim BdV.

(AP/felt)
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