Persönlich Mitt Romney ... wird zum Sündenbock

Als er endlich, nach einigem Zögern, vor die Fernsehkameras trat, um seine Wahlniederlage einzugestehen und dem Sieger Barack Obama zur zweiten Amtszeit zu gratulieren, da wirkte Mitt Romney (65) gleichzeitig erleichtert und erschüttert. Erleichtert, weil dieser kräftezehrende Wahlkampf, der längste in der US-Geschichte, endlich vorüber war. Und erschüttert, weil er diese Wahl verloren hatte, die er eigentlich nicht verlieren konnte.

Das hat es in den USA noch nicht gegeben: Noch nie hat das Land angesichts von acht Prozent Arbeitslosigkeit lieber dem Amtsinhaber eine zweite Chance gegeben als dem politischen Herausforderer seine erste. Diese Niederlage ist deswegen auch eine ganz persönliche Schlappe für Romney, dessen Team schon seit Wochen den Einzug ins Weiße Haus intensiv vorbereitet hatte, so greifbar nahe schien der Sieg. Er schien nicht unverdient – immerhin ackerte Romney schon seit sieben Jahren dafür. Bereits 2008 hatte er nach dem mächtigsten Amt der Welt gegriffen, scheiterte damals aber schon bei den Vorwahlen seiner republikanischen Partei.

Die sprang gestern in der Niederlage nicht gerade zimperlich mit ihm um. Noch in der Wahlnacht wandten sich führende Republikaner von Romney ab. Besonders Vertreter des erzkonservativen Flügels attackierten den glücklosen Kandidaten für seine "missratene" Wahlkampagne. Es ist ein Vorgeschmack auf den ruppigen Richtungsstreit, der jetzt bei den Republikanern droht. Dass Romney dabei noch eine Rolle spielen wird, ist ziemlich unwahrscheinlich. Vielmehr droht dem unterlegenen Kandidaten, dass die "Grand Old Party" ihn als Versager abstempelt.

Gut möglich also, dass Romneys seltsam melancholische Ansprache vom Wahlabend sein letztes politisches Lebenszeichen gewesen ist. Den lautesten Applaus bekam Romney bezeichnenderweise, als er sich bei seiner Frau Ann bedankte: "Sie wäre eine wundervolle First Lady gewesen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort