Mettmann "Ich fühle mich bereichert"

Düsseldorf · Angeli Harless berichtet im Mettmanner Artwerk über ihr besonderes Leben. Contergan bedingt wurde sie mit kurzen Armen geboren. Sie hat die Herausforderungen in ihrem Leben angenommen.

Contergan-bedingt wurde Angeli Harless mit nur wenige Zentimeter kurzen Armen geboren. In der Veranstaltungsreihe "Art-Werk trifft sich" macht sie am Freitag, 6. Mai, das Leben mit ihrem "besonderen" Körper zum Thema. "Lebenslust pur zu verschenken" lautet der Titel der Veranstaltung, die viele Klischees auf den Kopf stellen wird.

"Ich bin etwas Besonderes", sagt Angeli von sich selbst. Dass sie im Straßenbild auffällt, findet sie ganz natürlich. "Es tut mir immer leid, wenn Eltern ihre Kinder auffordern, mich nicht anzustarren. Es ist doch normal, dass es neugierig macht, wenn jemand anders aussieht als andere." Seit Jahren ist Angeli regelmäßig in Schulen und anderen Einrichtungen zu Gast, um Kindern und Erwachsenen einen unverkrampfteren Umgang mit dem Ungewohnten zu ermöglichen. "Viele fragen, ob sie mich mal anfassen dürfen und was ich alles machen kann oder nicht. Ich habe auch schon mal einen Purzelbaum vorgeführt."

Angeli geht es aber nicht nur um die Überwindung von Scheu im täglichen Miteinander. Sie lebt auch vor, dass vermeintliche Defizite durchaus eine Chance sein können. Dann nämlich, wenn man sich mit Selbstakzeptanz, Lebensbejahung und Kreativität auf seine individuellen Gegebenheiten einstellt und die Herausforderungen annimmt. "Wenn man keine Möglichkeit hat, so zu sein wie die Anderen, muss man eigene Lösungen finden. Ich habe die Fähigkeit entwickelt, mir mein Leben so einzurichten, dass es für mich schön ist. Ich fühle mich nicht behindert, sondern bereichert", sagt sie. Dass nicht jeder Contergan-Betroffene so empfindet, ist ihr durchaus bewusst. "Ich hatte eine glückliche Kindheit und Jugend in einer naturnahen Umgebung. In meiner Schule war ich eine Art Maskottchen. Ich wurde immer akzeptiert und meine Clique hat mich immer verteidigt. Außerdem hatte ich auch andere Vorteile. Ich musste beispielsweise nie an die Tafel."

Von Kindheit an hat sie ihre Techniken für den Alltag entwickelt. Wo die Arme nicht reichen, können oft Beine, Mund und geschickte Füße Aufgaben übernehmen. Kleine Umbauten ermöglichen ihr auch Rad oder Auto zu fahren. Natürlich, räumt sie ein, gäbe es aber Situationen, bei denen sie auf fremde Hilfe angewiesen sei. Einen Nachteil kann sie darin kaum erkennen. "Man kommt mit Leuten in Kontakt, die man sonst nie kennen lernen würde." Lebensgefährte Jürgen Plich staunt oft, mit wie vielen Menschen seine Freundin in kürzester Zeit per Du ist.

Wo Angeli auftritt, ist der Schritt zum Philosophieren nicht weit. Die augenfällige Behinderung konfrontiert oft mit eigenen Defiziten. Wer oder was ist eigentlich behindert? Bedeutet die Summe perfekter Zutaten ein perfektes Endprodukt und was ist eigentlich Glück? Angeli scheint es jedenfalls zu wissen und ihr Optimismus wirkt irgendwie ansteckend.

(RP)
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