Dr. Horst Vinken Elektronik setzt sich langsam durch

Fast ein Jahrzehnt dauert es, bis sich die elektronischen Steuerverfahren allmählich durchsetzen. ELSTER, E-Bilanz & Co. sollen vor allem Fehler und Bürokratie vermeiden, doch noch funktioniert nicht alles reibungslos, erläutert Dr. Horst Vinken, Präsident der Bundessteuerberaterkammer.

Sie hört auf den Namen "ELSTER" und war für die Finanzverwaltung ein Meilenstein: Schon im Jahr 2000 wurde die "ELektronische STeuerERklärung (ELSTER)" eingeführt. Doch sie entpuppte sich anfangs als regelrecht flügellahm, denn die elektronische Übermittlung zwischen Unternehmen und Finanzbehörden für die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteuer-Anmeldungen hatte seinerzeit eine Reihe von technischen Problemen.

Die sind mittlerweile nicht nur behoben, ELSTER ist nun auf breiter Front akzeptiert, wie der Präsident der Bundessteuerberaterkammer, Dr. Horst Vinken, im Gespräch mit unserer Zeitung unterstreicht: "Im vergangenen Jahr sind über zwölf Millionen elektronische Steuerklärungen über das ELSTER-Verfahren abgewickelt worden sowie 39 Millionen Umsatzsteuer-Voranmeldungen und 17 Millionen Lohnsteuer-Anmeldungen." Für den Spitzenrepräsentanten der Steuerberater ist damit klar: "Das ELSTER-Verfahren wird nun angenommen, in diesem Jahr werden die Zahlen nochmals deutlich steigen!"

Eine positive Nachricht, denn das Ziel, möglichst alle wesentlichen Vorgänge im Steuerwesen elektronisch zwischen Finanzbehörden, Bürgern und Unternehmern zu übermitteln, hat ganz praktische Vorteile: Kosten können gesenkt, Bearbeitungszeiten gekürzt und Fehler vermieden werden. Insgesamt drei elektronische Steuerverfahren sind derzeit in der Anwendung: ELSTER, die E-Bilanz für Unternehmen, die Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM). In der Planung ist die Vorausgefüllte Steuererklärung (VaSt). "Insbesondere bei ELSTER haben wir Steuerberater die Erfahrung gemacht, dass dies tatsächlich zu Bürokratieabbau geführt hat: Die Vorgänge werden deutlich schneller bearbeitet," so Vinken.

Und dass auch die Anzahl der Fehler und damit die Zahl der Einsprüche bei den Steuerbescheiden zurückgegangen ist, führt er auf einen einfachen Umstand zurück: "Die typischen Tippfehler fallen durch die elektronische Übermittlung weg." Allerdings ist ELSTER aus Sicht der Steuerberater noch verbesserungsfähig, denn elektronische Steuerbescheide werden bislang nicht so gut angenommen. Auch dafür gibt es eine Erklärung, so Vinken: "Es fehlt eine Abweichungsanalyse, mit der der Steuerberater auf einen Blick erkennen kann, ob und wo konkret das Finanzamt von der Steuererklärung abgewichen ist."

Noch nicht rund läuft es bei der E-Bilanz, mit der seit diesem Jahr die Unternehmensbilanzen elektronisch übermittelt werden. Hier gab es schon zwei Verschiebungen, weil die technischen Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Jetzt läuft zwar die Technik, der Bundessteuerberaterkammer-Präsident kritisiert allerdings, dass es jetzt bei seinen Kollegen zu mehr bürokratischem Aufwand kommt.

Hintergrund: Die Kontenpläne in den Kanzleien müssen an den amtlich vorgeschriebenen Datensatz angepasst werden, das bedeutet oftmals Handarbeit. Auch die Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale ELStAM kamen mit Verspätung. Hier geht es etwa um die elektronische Erfassung von Steuerklassen, Kinderfreibeträgen, Kirchensteuer und anderen Freibeträgen. "Neu ist, dass fast alle Freibeträge nicht mehr berücksichtigt werden, wenn der Arbeitnehmer sie nicht neu beantragt."

Abgerundet werden sollen die elektronischen Steuerverfahren durch die vorausgefüllte Steuererklärung – ein durchaus missverständlicher Begriff. "Eigentlich ist es eine elektronische Ausfüllhilfe, die in diesem Jahr eingeführt werden soll." Lohnsteuerdaten, Rentenleistungen, Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, Name und Adresse sind dann schon von der Finanzverwaltung vorausgefüllt. Nicht immer stimmen die vorausgefüllten Daten mit denen überein, die dem Steuerpflichtigen vorliegen.

Die Tücke steckt auch hier allerdings im Detail. Der Steuerbürger bekommt die Daten nicht automatisch geschickt – er muss sie elektronisch abrufen oder seinen Steuerberater dazu autorisieren. Dafür gibt es einen Freischaltcode, der dem Steuerpflichtigen von der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellt wird.

Für die Steuerberater stellt sich dabei die Frage: "Wie soll ein Steuerberater die Freischaltcodes für alle Mandanten handhaben?" Geregelt wird das nun über eine Vollmachtsdatenbank, in der nicht nur die elektronische Vollmacht des Mandanten abgespeichert wird. Zusätzlich muss das Finanzamt prüfen können, ob der Steuerberater überhaupt eine Zulassung hat - das wiederum übernimmt die Steuerberaterkammer (ebenfalls elektronisch). Dieses hier nur stark vereinfacht wiedergegebene Verfahren zeigt, wie komplex eine einfache Idee in der Realität werden kann.

Dr. Horst Vinken ist dennoch zuversichtlich: "Wir sind hier auf der Zielgeraden, auch dank der Unterstützung von IT-Dienstleistern." Für den Präsidenten zeigt die aktuelle Situation allerdings: "Es dauert noch eine Weile, bis das elektronische Steuerverfahren tatsächlich ohne Papier auskommt!"

(RP)
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