Alle Nationalelf-Artikel vom 10. Juli 2004
Völler-Nachfolge: Rehhagel sagt ab

"König Otto" erfüllt Vertrag in GriechenlandVöller-Nachfolge: Rehhagel sagt ab

Düsseldorf (rpo). Was nun? Nach Ottmar Hitzfeld hat auch Otto Rehhagel den Job als Trainer der deutschen Nationalmannschaft abgelehnt.Der Wunschkandidat will stattdessen seine "Mission" bei Europameister Griechenland fortsetzen und dort seinen Vertrag bis 2006 erfüllen. In einem Telefonat mit Franz Beckenbauer, der die hochkarätig besetzte Trainerfindungskommission ("TFK") anführt, teilte der 65 Jahre alte Coach seine Entscheidung mit. Er stehe bei den Griechen im Wort. Dort habe er aus dem Nichts eine Mannschaft aufgebaut und den EM-Titel geholt, begründete Rehhagel laut DFB-Pressesprecher Harald Stenger seine Entscheidung. Damit müssen Beckenbauer, DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder, Verbands-Generalsekretär Horst R. Schmidt und Ligachef Werner Hackmann, die nach der überraschenden Absage von Top-Favorit Ottmar Hitzfeld vom DFB-Präsidium am vergangenen Montag mit der Trainersuche beauftragt wurden, wieder bei Null anfangen. Nach der jüngsten Hiobsbotschaft werden auf dem Bundestrainer-Karussell nun die Namen Lothar Matthäus und Guus Hiddink heiß gehandelt. In Zukunft soll die Trainer-Debatte dabei hinter verschlossenen Türen und nicht via Medien stattfinden. "Die Chancen, einen Trainer zu finden sind umso größer, umso weniger über ihn in der Zeitung steht. Deshalb werden wir auch nicht über Namen spekulieren. Grundsätzlich wird man nie einen Trainer finden, der nicht irgendwo einen Makel hat", erklärte Mayer-Vorfelder am Freitagabend nach dem Schlichtungsmarathon in der DFB-Zentrale in Frankfurt/Mai, wo "MV" in Dr. Theo Zwanziger de facto einen zweiten Chef neben sich gestellt bekommen hatte. Noch keinen Kontakt mit Matthäus aufgenommenUngarns Nationalcoach Matthäus, der zuletzt seine Bereitschaft signalisiert hatte, erklärte im Express-Interview, dass er von Seiten des DFB noch nichts gehört habe: "Inzwischen hat man beim DFB die Marschroute ausgegeben, dass nur mit einem Trainer verhandelt wird. Und das ist meines Wissens Otto Rehhagel." Das war er auch bis zum Samstag. Bereits am Morgen hatte sich dabei die Tendenz verstärkt, dass Rehhagel nicht die Nachfolge von Rudi Völler antritt. So sagte der Generalsekretär des griechischen Verbandes (EPO), Jannis Oikonomidis, der Athener Tageszeitung Espresso, dass Rehhagel Griechenland definitiv nicht verlassen werde. Unter der Woche hatte EPO-Präsident Vassilis Gagatsis noch erklärt, dass man Rehhagel bei einem Wechsel in seine Heimat keine Steine in den Weg legen werde. Der deutsche Rekordnationalspieler Matthäus hatte ohnehin bezweifelt, dass sein früherer Klubtrainer bei Bayern München wegen seiner antiquierten Methoden der richtige Mann auf dem Bundestrainer-Stuhl gewesen wäre: "Von höchster Fifa-Stelle ist ja schon ähnliche Kritik an Rehhagels ergebnisorientiertem Fußball geäußert worden. Beim DFB muss man jetzt wissen, was man will. Will man den von Völler eingeleiteten Aufbau mit jungen Spielern fortführen und passt dazu Otto Rehhagel? Und will man bei der WM im eigenen Lande offensiveren Fußball?" Zugleich machte der 43-Jährige Matthäus weiter Werbung in eigener Sache: "Dass junge Trainer genauso Erfolg haben können, hat man an den Champions-League-Finalisten dieser Saison gesehen. Da stand nicht Arsene Wenger, sondern der 35 Jahre alte Monaco-Trainer Didier Deschamps dem 41 Jahre alten Porto-Coach Jose Mourinho gegenüber." Hitzfeld bleibt ein ThemaAngeblich ist bei der "TFK" aber auch Hitzfeld noch ein Thema. "Wir versuchen alles, um Herrn Hitzfeld noch einmal umzustimmen", verriet der bayrische Verbandschef Heinrich Schmidhuber. Man wolle dem Ex-Bayern-Trainer eine Auszeit von drei bis vier Monaten einräumen: "Vielleicht hat er dann seinen Akku wieder voll aufgeladen und fühlt sich stark genug, das Amt des Bundestrainers auszuüben." Bis dahin soll eine Übergangslösung auf der deutschen Bank Platz nehmen. Rehhagel hätte bis zur WM 2006 im eigenen Land vom DFB angeblich 5 Millionen Euro als Gehalt kassieren. Damit wäre Rehhagel bei einem Jahresalär von 2,5 Millionen Euro der bestbezahlte Bundestrainer in der DFB-Geschichte gewesen. Im Falle einer Verpflichtung hätte der DFB nach Bild-Informationen zudem noch 1 Million Euro Ablöse an den griechischen Verband (EPO) überweisen. Der nach dem EM-Vorrundenaus als Teamchef zurückgetretene Völler soll pro Jahr geschätzte 2,3 Millionen Euro verdient haben. Hitzfeld hätte angeblich beim DFB per anno 4 Millionen Euro kassiert, was allerdings schon vom Verband dementiert worden war. In Deutschland könnte Rehhagel, der in Griechenland "nur" 700.000 Euro pro Jahr erhalten soll, durch Sponsorenverträge seine garantierten Jahreseinnahmen noch einmal verdoppeln.