Einsatz im Pflichtspiel Blinder Footballer verwirklicht seinen Traum

Düsseldorf · Der blinde Footballer Jake Olson kommt in einem College-Pflichtspiel erstmals zum Einsatz. Es ist die inspirierende Geschichte eines 20-Jährigen, der sich gegen alle Widerstände durchgesetzt hat, um seinen Traum zu verwirklichen.

 Teamarbeit: Jake Olson (re.) wird Anfang September von Mannschaftskollege Wyatt Schmidt aufs Spielfeld im Los Angeles Memorial Coliseum geführt.

Teamarbeit: Jake Olson (re.) wird Anfang September von Mannschaftskollege Wyatt Schmidt aufs Spielfeld im Los Angeles Memorial Coliseum geführt.

Foto: IMAGO / Juan Lainez / MarinMedia.org / Cal Media

Die University of Southern California (USC) führt im College-Spiel gegen die Western Michigan University drei Minuten vor Schluss mit 48:31. Die Partie ist entschieden. Das weiß auch USC-Trainer Clay Helton, der sich umdreht und die entscheidenden Worte in Richtung Reservebank spricht: "Jake, mach dich bereit!" Es ist ein Satz, der die Welt des blinden Mannes komplett auf den Kopf stellt. Jahrelang hat er auf diesen Moment hingearbeitet.

Die Diagnose erhielten die Eltern von Jake Olson bereits ein Jahr nach seiner Geburt. Krebs - das linke Auge müsse entfernt werden. Nur wenige Jahre später folgte dann auch das rechte. Olson lernte mit seiner Behinderung umzugehen. Er kämpfte für sein Ziel, irgendwann in einem großen Football-Spiel zum Einsatz zu kommen. Die USC erfüllte ihm diesen Lebenstraum. Olson steht in einem Spezial-Team, das die Aufgabe besitzt, nach einem Touchdown (größter Punktgewinn des Spiels) einen möglichen Extrazähler zu erzielen. Als Long Snapper muss er hierbei dem Holder, der den Ball aufnimmt und dem Kicker das ovale Spielgerät für den Schuss festhält, aus mehreren Metern Entfernung den Football rückwärts zuwerfen. Die Abläufe auf dieser Position mögen simpel aussehen, vereinen jedoch diverse Bewegungsabläufe. Sowohl gute körperliche als auch mentale Voraussetzungen sind unabdingbar.

Sein ehemaliger Trainer aus Highschool-Zeiten erinnert sich an einige skurrile Szenen. "Einige Gegenspieler wussten nicht, dass Jake blind ist und versuchten ihn mit Handbewegungen abzulenken", erzählt Chuck Petersen. Doch die Einsätze in der Highschool sollten es nicht gewesen sein. Irgendwann bei einem College-Spiel auf dem grünen Rasen stehen und seiner Aufgabe nachgehen, das war immer sein großer Traum. Denn Spiele der College-Teams sind in den USA eine große Nummer. Es ist der Höhepunkt in Olsons Karriere: Seine Mannschaft spielt im Los Angeles Memorial Coliseum. Die Arena ist ausverkauft. Und so beobachten mehr als 90.000 Fans, wie sich Olson von der Bank erhebt - die Zuschauermassen kann er nur erahnen.

An der Seitenlinie übt Olson noch für seinen großen Auftritt, dann wird er von einem Mitspieler auf das Spielfeld geführt. Damit der junge Mann weiß, wohin er werfen muss, wird er von seinem Kollegen mit Blick auf die Torpfosten ausgerichtet. Er nimmt den Football in die Hand, atmet tief durch, konzentriert sich auf diesen einen ganz besonderen Wurf und spielt das ovale Spielgerät millimetergenau in die Hände von Holder Wyatt Schmidt, der den Ball anschließend für Kicker Chase McGrath stoppt. Letzterer schießt ihn zwischen die beiden aufgestellten Pfosten. Extrapunkt für die USC - Olson hat seine Aufgabe grandios erfüllt. Im Anschluss wird der 20-Jährige sogar zum Spieler des Spiels ernannt.

Trainer Helton versichert, dass es sich hierbei um keine Charity-Aktion gehandelt habe. Vielmehr habe sich Olson seinen Einsatz durch unbändigen Willen und viel Einsatzbereitschaft verdient. "Er hat seine Blindheit nie als eine Ausrede benutzt. Olson ist das Paradebeispiel dafür, wie man auch mit einer Behinderung seine Träume verwirklichen kann." Der 20-Jährige selbst äußert sich nach der Partie ganz pragmatisch: "Ich habe versucht, meine Gefühle zu unterdrücken. Immerhin hatte ich einen Job zu erfüllen." Etwas mehr Emotionen zeigt sein ehemaliger Weggefährte Pete Carroll, der mittlerweile Cheftrainer des NFL-Teams Seattle Seahawks ist. "Es war ein unbeschreiblicher Moment", sagt der 65-Jährige und ergänzt, dass "Jake einfach ein außergewöhnlicher junger Mann ist. Er ist ein perfektes Beispiel für Mut und guten Charakter."

Doch Olson will sich auf diesen Lorbeeren nicht ausruhen. Vor allem sieht sich der gebürtige Kalifornier in der Pflicht. In der Pflicht, ein Vorbild für Gleichgesinnte zu sein. Er hoffe, dass er nun auch andere durch seine Erfahrungen inspirieren könne. "Ich habe einfach nur laut geschrien: ,Das ist mein Sohn, das ist mein Sohn'", erzählt Mutter Cindy Olson, die während des ersten Einsatzes ihres Kindes im Stadion war. "Ich bin auf und ab gesprungen und wusste nicht wohin mit meinen Gefühlen. Dort wurde Geschichte geschrieben, es war unglaublich. Das war Jakes großer Traum!" Wenn es nach ihrem Sohn geht, dann soll es nicht der letzte große Moment in seiner Karriere gewesen sein.

(RP)
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