Krankenhäuser Jede zweite Geburtsstation zu teuer

Berlin · Krankenhäuser schlagen Alarm: 42 Prozent der Kliniken schreiben rote Zahlen, bei den Entbindungsstationen sind es sogar 58 Prozent, weil die Zahl der Geburten deutlich zurückgeht.

 In Deutschland kommen immer weniger Babys auf die Welt. Dies hat auch Folgen für die Krankenhäuser.

In Deutschland kommen immer weniger Babys auf die Welt. Dies hat auch Folgen für die Krankenhäuser.

Foto: AP, AP

Die Kliniken stecken in einer so tiefen Finanzmisere, dass die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) die Versorgung in Deutschland gefährdet sieht. Zum heute in Düsseldorf beginnenden Krankenhaustag sagte Hauptgeschäftsführer Georg Baum unserer Redaktion: "Wir müssen leider die betrübliche Feststellung machen, dass wir anhaltend hohe Zahlen von Krankenhäusern mit Verlusten haben." 42 Prozent der Krankenhäuser hätten im vergangenen Jahr rote Zahlen geschrieben. Baum betonte, dies sei der zweitschlechteste Wert seit Erhebung dieser Statistik.

Demnach beurteilt nur jedes vierte Krankenhaus seine Finanzlage als eher gut. Auch der Blick in die Zukunft lässt keine Besserung erwarten. Mehr als 40 Prozent der Kliniken in Deutschland rechneten sogar damit, dass sich die Lage weiter verschlechtern wird, berichtete Baum. Das seien "katastrophale Werte". Aus diesem anhaltend negativen Trend folge eine "Gefahr für die Krankenhausversorgung in Deutschland".

Besonders dramatisch sieht die Lage bei den Geburtsstationen aus. Durch den Geburtenrückgang wird es für die Kliniken immer schwieriger, ihre Entbindungsstationen wirtschaftlich zu führen. "58 Prozent der Geburtsabteilungen schreiben Verluste", betonte Baum. "Wir müssen aber dafür sorgen, dass auch bei weniger Geburten die Entbindungsstationen aufrecht erhalten werden können, ansonsten werden die Wege für die Mütter und Familien zu lang."

Der DKG-Chef forderte Sicherstellungszuschläge für Kliniken mit Geburtsstationen in ländlichen Gebieten. Er warnte, die Krankenhäuser befänden sich bei den Geburtsstationen bereits in einem "beachtlichen Abbauprozess". Seit 2003 sei ein Rückgang von über 200 Geburtsabteilungen zu verzeichnen gewesen.

Die große Koalition in Berlin plant eine umfassende Krankenhausreform. Dazu tagt seit dem Frühsommer eine Gruppe aus Vertretern von Bund und Ländern. Ziel der Reform ist es, Überkapazitäten abzubauen und zugleich die Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen. Zudem sollen Krankenhäuser künftig nach der Qualität ihrer Behandlung bezahlt werden. Kliniken, in denen Patienten besonders häufig unter Komplikationen leiden, sollen künftig Abschläge hinnehmen müssen.

Baum bezweifelt, dass dieses Konzept aufgeht. "Beim Zahnarzt kommt niemand auf die Idee, das Honorar zu kürzen, wenn die Qualität nicht 100-prozentig ist. Bei den Krankenhäusern will man jetzt experimentieren", kritisierte er. Wenn Kliniken wirklich Qualitätsdefizite hätten, dann dürften sie nicht länger diese Leistungen erbringen. Er warnte davor, die geplante Umstellung könne zu "einer risikoorientierten Patientenauswahl" führen, bei der "die Kliniken zu vermeiden versuchen, Patienten mit Mehrfacherkrankung anzunehmen".

Die Krankenhäuser sehen die Ursache ihrer Finanzmisere vielmehr in Verfehlungen der zuständigen Politiker in Bund und Ländern. Baum moniert, die Kostensteigerungen, die die Krankenhäuser beispielsweise durch steigende Löhne, steigende Energiepreise und steigende Haftpflichtprämien hätten, würden über die Vergütungssteigerungen nicht gedeckt. Zudem kämen die Länder ihrer Pflicht nicht nach, notwendige Investitionen und Sanierungen zu finanzieren. "Sie zahlen nur 50 Prozent des Bedarfs", so Baum.

(qua)
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