Kolumne: Der Ökonom Wohnungsgeschäfte mit den Armen

Die Wohnungsbaukonzerne haben ein neues Geschäftsmodell entdeckt: Vermietung an Arme. Die akzeptieren jeden Standard und überweisen pünktlich ihre Miete.

Lange Zeit waren Immobilienentwickler und private Wohnungsunternehmen vor allem an Luxus-Sanierungen interessiert. Die Konzerne kauften heruntergekommene Blöcke in interessanten Stadtlagen auf, sanierten sie und verkauften oder vermieteten sie zu horrenden Preisen. Unterstützt wurden sie oft von Kommunalpolitikern, die so problematische Stadtteile ohne große öffentliche Investitionen sanieren konnten.

Das ist Vergangenheit. Wohnkonzerne wie Vonovia, Deutsche Wohnen oder die LEG, die in ihrem Bestand viele öffentlich geförderte Wohnungen haben, machen ihr Geschäft viel lieber mit ärmeren Mietern. Sie kauften dafür in großem Stil öffentliche Unternehmen, die über einen hohen Bestand an sanierungsbedürftigen Sozialwohnungen verfügten und lange Zeit als unverkäuflich galten. Daraus entstand ein lukratives Geschäftsmodell auf Kosten der Mieter und des Staats.

Die Einnahmen aus Sozialmieten sind kaum von Ausfällen betroffen. Sollte einer der sozial schwachen Bewohner den Mietzins schuldig bleiben, springt die öffentliche Hand ein. Zugleich beschweren sich solche Mieter selbst bei gravierenden Mängeln kaum. Sie haben als Alternative nur die Obdachlosigkeit. Das verspricht den Konzernen einen risikolosen Zahlungsstrom.

Die Firmen können es sich leisten, auf teure Sanierungen zu verzichten. Der Marktführer Vonovia investiert nur 430 Millionen Euro bei einem Wert seiner 367.000 Wohnungen von rund 23 Milliarden Euro. Das sind nur 1,9 Prozent oder 1200 Euro pro Wohnung. Das beschert dem Konzern eine Rendite auf die Mieteinnahmen von 50 Prozent.

Eine Alternative wären öffentliche Wohnungsunternehmen. Die haben in der Vergangenheit zwar oft am Bedarf vorbeigebaut und zu teuer investiert. Für eine überschaubare Gruppe wie sozial Schwache sind sie aber ein besserer Investor als börsennotierte Konzerne wie Vonovia. Vor allem, wenn die sich auf Kosten des Sozialstaats bereichern.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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