Solingen Den Leidensweg Christi mitgehen

Solingen · Mehrere Hundert Menschen gedenken bei der Karfreitagsprozession dem Leiden und Sterben Jesu Christi.

Für einen kurzen Moment herrscht ergriffenes Schweigen. Dann durchbrechen Peitschenhiebe die Stille. Unter höhnischem Gelächter setzen die römischen Legionäre dem Heiland die Dornenkrone auf.

"Warum tun die das?" fragt ein kleiner Junge seinen Vater, während er das Schauspiel fassungslos mit ansieht. Eine Frau nimmt ihre Brille ab, um eine Träne aus dem Gesicht zu wischen. Die Verurteilung Jesu Christi ist für die Begleiter der Karfreitagsprozession stets ein besonders bedrückender Moment. Der traditionelle Umzug, den die Missione Cattolica Italiana organisiert, hat kurz zuvor im Walder Stadtpark mit der Darstellung des Verrats durch Judas Ischariot begonnen.

Trotz eisiger Temperaturen und einiger Schneeflocken haben sich dort einige Hundert Menschen versammelt, um den Leidensweg Christi nachzuempfinden. Giovanni La Rosa verkörpert den Messias mit stoischer Haltung und tiefer Überzeugung. Das 50 Kilogramm schwere Kreuz trug er bereits im Jahr 2010 von Wald bis zur Kirche St. Mariä Empfängnis in Merscheid, nur unterbrochen durch die Hilfe des Simon von Cyrene.

"Die Darsteller melden sich aus unserer Gemeinde für die Rolle des Jesus, um ihre Auseinandersetzung mit dessen Leidensweg, häufig aus persönlichen Motiven, zu vertiefen", sagt Giovanni Zito, der seit über zehn Jahren die Passionsgeschichte für die italienische Gemeinde Solingens inszeniert. Die beteiligten Akteure haben sich im Vorfeld an mehreren Sonntagen getroffen, um den Ablauf zu üben und schließlich den rund drei Kilometer langen Weg zu begehen. Dieser ist am Karfreitag auch gesäumt von vielen Schaulustigen am Straßenrand. Vom Stadtpark geht es zunächst zur evangelischen Kirche Wald. Dort werden die Beobachter Zeuge, wie Petrus – verkörpert vom mehrfachen Jesus-Darsteller Luciano La Mendola - Christus verleugnet. Auf dem Schulhof der Friedrich-Albert-Lange-Schule nimmt dieser das Kreuz stellvertretend für das Leid der Menschen. Unterwegs nach Golgatha, dem Ort der Kreuzigung, kommt es zur Begegnung mit seiner Mutter Maria und mit Veronika, die dem von der Last Gezeichneten das Schweißtuch reicht. Gesänge und Gebete in deutscher und italienischer Sprache erinnern die Begleiter des Umzuges daran, dass der Kreuzweg auch dem Nachdenken über die Ereignisse des eigenen Lebens dienen soll. Eine Andacht beschließt die Prozession in Merscheid. Neben beklemmenden Gefühlen nehmen die Begleiter Hoffnung mit nach Hause. "Jesus ist gestorben, damit es den Menschen gut geht", erklärt eine Frau ihrem Enkel.

(RP)
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