Solingen Mitte: Bahn kapituliert vor Tauben

Solingen · Die Vögel verdrecken den Bahnsteig am Bahnhof Mitte. Das Problem: Der Bahnsteig gehört der Bahn, der Bahnhof darüber, wo die Tauben sitzen, der Stadt. Der Einbau eines Netzes zum Schutz von Bahnsteig und Kunden erwies sich als zu teuer. Bahn ist offen für Vorschläge gegen die Taubenplage.

Der "Feind" ist nur wenige Zentimeter groß. Aber am Bahnhof Mitte tritt er in solchen Massen auf, dass die Bahn einstweilen kapituliert hat. "Wir sehen im Augenblick keine Lösung, durch die die Verdreckung des Bahnhofs durch Tauben gestoppt werden könnte", sagte gestern ein Bahnsprecher unserer Zeitung.

Der Hintergrund: Bei seiner Eröffnung vor knapp fünf Jahren galt der Bahnhaltepunkt Solingen Mitte als ein städtebauliches Aushängeschild der Regionale 2006. Vor allem der futuristisch wirkende Bahnhofsbau an der Schützenstraße wurde gelobt. Allerdings lockte die Stahlkonstruktion nicht nur Fahrgäste an. Von Beginn sorgten hunderte Tauben für Ärger — und das, obwohl bereits bei der Errichtung des Bahnhofs einige Abwehrmaßnahmen wie etwa schräge Flächen geschaffen worden waren.

Es half nichts. Vor allem der Bahnsteig wird von den Vögeln andauernd verdreckt, die massenhaft auf Rohren der Bahnhofskonstruktion oberhalb der Gleise sitzen. Ein Umstand, der schon häufig zu Beschwerden führte, ohne dass sich bis heute etwas an dem Ärgernis änderte.

Rainer Nießen ist so genannter Bahnhofspate für den Bahnhof Mitte und glaubt zumindest einen Grund für die seit Jahren bestehende Taubenplage zu kennen. "Stadt und Bahn schieben sich die Verantwortung gegenseitig zu", sagt Nießen. Denn während der Bahnsteig und die Gleise der Bahn gehörten, sei die Stadt Eigentümerin des Bahnhofbaus.

Tatsächlich scheint dies eine Lösung des Dreckproblems zu erschweren. "Die Bahn ist für die Sauberkeit auf ihrem Bahnsteig zuständig", sagte gestern eine Stadtsprecherin auf Anfrage unserer Zeitung. Vor einiger Zeit habe das Unternehmen einmal angefragt, ob am Bahnhofsbau ein engmaschiges Netz angebracht werden könnte, wodurch das Problem mit dem Taubendreck eventuell zu lösen sei. "Doch das ist dann von der Bahn offensichtlich nicht weiterverfolgt worden", so die Sprecherin der Stadt.

Eine Darstellung, die die Bahn so nicht stehen lassen will. Bei einer genaueren Prüfung der Netz-Option habe sich schnell herausgestellt, dass diese nicht umzusetzen sei, sagte der Bahnsprecher gestern.

"Diese Lösung wäre zu teuer gewesen. Und außerdem stellte sich die Frage, ob sie überhaupt praktikabel sein würde", so der Unternehmenssprecher. Er wies gleichzeitig für die Bahn die alleinige Verantwortung zurück. "Es ist nicht richtig von der Stadt, uns den schwarzen Peter zuzuschieben", so der Sprecher.

Um die Verschmutzung durch die Vögel wenigstens in einigermaßen erträglichen Grenzen zu halten, ging die Bahn inzwischen dazu über, den Bahnsteig am Haltepunkt Mitte häufiger als früher zu reinigen. Eine Lösung des Problems ist das aber auch nicht, weshalb Bahnhofspate Nießen jetzt sowohl Bahn als auch Stadt auffordert, aktiv zu werden. "Beide sind in der Pflicht. Immerhin gehört der Stadt ja das Gebäude", sagte Nießen. Im Rathaus und bei der Bahn besteht die Bereitschaft, das Problem gemeinsam anzugehen. Gleichwohl wissen die Verantwortlichen nicht, wie der Taubenplage begegnet werden kann. "Ärger mit Tauben gibt es an vielen Bahnhöfen", sagte der Bahnsprecher, der sich offen zeigte für Vorschläge: "Wenn jemand eine Idee hat, soll er sich melden."

Eine Lösung, die auch im Sinne der Stadt wäre — unter einer Bedingung. "Dies darf die Stadt nichts kosten", sagte die Rathaussprecherin gestern mit Blick auf angespannte finanzielle Lage der Stadt.

(RP/rl/jco)
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