Heiner Koch Das Abschlussdokument trägt eine deutsche Handschrift

Zur Synoden-Bilanz des Berliner Erzbischofs gehört, dass künftig viele Fragen in den Ortskirchen entschieden werden müssen.

Rom Auf der Bischofssynode kam ihm eine besondere Rolle zu: Als sogenannter Relator hatte der Berliner Erzbischof Heiner Koch (61) vor dem Synodenplenum über die Beratungsergebnisse der deutschsprachigen Gruppe zu berichten. Im Gespräch mit unserer Zeitung zog er gestern eine Bilanz der Synode.

Jetzt soll in Rom eine neue Behörde für Familie eingerichtet werden. Ist das eine gute Lösung?

Koch In der neuen Behörde werden drei unterschiedliche und schon existierende Behörden zusammengefasst, die bisher nebeneinander hergearbeitet haben. Der Beschluss der Synode ist darum höchst erfreulich. Die neue Behörde wird künftig genug zu tun haben, allein die Impulse der Synode aufzugreifen.

In der Deutschen Bischofskonferenz leiten Sie die Kommission für Ehe und Familie. Wäre die Arbeit in der neuen Behörde auch für Sie reizvoll?

Koch Das Thema finde ich herausfordernd und spannend. Aber ich bin als neuer Erzbischof erst gerade dabei, in Berlin anzukommen. Und mit der Kirche und den Menschen dort habe ich genug zu tun. Ich möchte nicht wieder wechseln.

Entgegen mancher Befürchtung schien die Arbeit in der deutschsprachigen Gruppe eher harmonisch gewesen zu sein.

Koch Es war eine lebendige Gruppe, aber wir haben einen Prozess durchmachen müssen - dass wir aufeinander hören und einander verstehen und dass wir dann weiterdenken. Da wurde der Geist der Synode Wirklichkeit. Ein Zeichen ist: Wir haben alle Texte und alle Eingaben einstimmig verabschiedet. Noch spannender für mich aber war die Herausforderung, unsere Überlegungen und Texte dann auch in die Gesamtsynode einzubringen.

Auf die deutschsprachige Gruppe schien die Synode schon im Vorfeld eher kritisch geschaut zu haben ...

Koch Eine gewisse Grundskepsis war vor allem am Anfang mit Sicherheit da. Die ist aber schnell umgeschlagen in die Erwartung, dass die deutschsprachige Gruppe die Synode nach vorne bringen kann. Ganze Passagen unseres Papiers sind im Abschlussdokument übernommen worden. Natürlich mussten wir bei all dem berücksichtigen, dass es Länder gibt, die anders denken als wir. Die Afrikaner beispielsweise waren geprägt von dem Verdacht, dass die westliche Welt sie in Sachen Abtreibung und Verhütung nur unterstützt, wenn sie unsere Werte im Umgang mit Homosexualität übernehmen. Hier brauchte und braucht es sehr viel Feingefühl.

Wie können überhaupt die unterschiedlichen Ansichten in gemeinsame und halbwegs verbindliche Aussagen einfließen?

Koch Die Passage zu den wiederverheiratet Geschiedenen haben manche Bischöfe abgelehnt, weil es ihnen zu weit ging, andere lehnten sie ab, weil ihnen das zu wenig war. Aber wissen Sie, wir müssen weiter miteinander leben. Es ist ohnehin immer viel leichter, nur mit Gleichgesinnten zu diskutieren als mit Menschen mit anderen Lebens- und Glaubenserfahrungen. Einen gemeinsamen Weg zu gehen, das meint Synode.

Sollten die Ortskirchen darum nicht eine weit größere Entscheidungsbefugnis bekommen? Und wäre das dann ein erster Schritt weg vom römoischen Zentralismus?

Koch Die Glaubens- und Sakramenten-Frage sind und bleiben theologisch unstrittig. Aber Rom ist auch kein Seelsorgeamt. Da gibt es viele Dinge, die wir vor Ort behandeln müssen - übrigens auch in Deutschland. So gibt es einige Punkte, die unsere Gemeinden herausfordern werden. Etwa das von den Afrikanern eingebrachte Verständnis, dass die Hochzeit zugleich die Aufnahme des jungen Paares in die Gemeinde meint; die Gemeinde nimmt sie auf und begleitet sie. Und die Paare werden selbst zu Verkündigern des Glaubens. Das sind Aspekte für ein Verständnis von Ehe, die den Inhalt des Sakraments umfassen, die bei uns aber völlig unter den Tisch gefallen sind. Bei uns werden Hochzeiten mehr als Privatfeiern verstanden. Doch die Ehe ist mehr als die Segnung einer Zweierbeziehung.

(los)
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