Historischer Einschnitt: Thyssenkrupp verkauft Stahlsparte
EILMELDUNG
Historischer Einschnitt: Thyssenkrupp verkauft Stahlsparte

Düsseldorf Friedrich Schiller ganz verliebt

Düsseldorf · Dominik Graf schwärmt im Kinofilm "Die geliebten Schwestern" von der Liebe.

"To fall in love" sagen die Engländer, wenn einer sich verliebt, und in diesem Film sieht man gleich drei Menschen beim Fallen zu. Es ist das Jahr 1788, der Sommer der Liebe für Friedrich Schiller. Der Dichter ist noch nicht der in Leder gebundene Klassiker, sondern ein Bestürmer und Verdränger. In Rudolstadt begegnet er den Lengefeld-Schwestern, die die gleiche Schönheitstrunkenheit teilen, die Lust am Sinfonischen in der Welt. Sie schauen einander an, halten Hände. Wangen erröten und Reifröcke rascheln.

"Die geliebten Schwestern" heißt die Produktion, die morgen ins Kino kommt; Dominik Graf ist der Regisseur, und ein Historienfilm ist das nur insofern, als das Geschilderte verbürgt ist oder sich doch zumindest aus der Quellenlage ableiten lässt. Die Schwestern waren die Töchter des Oberlandjägermeisters von Lengefeld. Der starb früh, seine Frau geriet in finanzielle Bedrängnis und war froh, ihre älteste Tochter Caroline (Hannah Herzsprung) mit dem elf Jahre älteren Legationsrat von Beulwitz verheiraten zu können. So ging die Frau, die später den populären Roman "Agnes von Lilien" in Schillers Zeitschrift "Die Horen" veröffentlichte, in eine unglückliche Versorgungsehe, während die drei Jahre jüngere Schwester Charlotte (Henriette Confurius) weiter vor sich hin schwärmte.

Der Dichter (Florian Stetter) hatte sodann leichtes Spiel, und die erste Dreiviertelstunde der "Geliebten Schwestern" ist denn auch so heiter, dass man tatsächlich an die Möglichkeit dieser Liebe im Dreieck zu glauben beginnt. Hier sucht Graf nun das Allgemeingültige, das Aktuelle des Stoffs. Das alles spielt in einer Transitzeit. Am Vorabend der Französischen Revolution sind die Gesetze des Adels nicht streng wie ehedem, und die Bedenken des Bürgertums kennt man noch nicht. Graf inszeniert diese Liebe als Utopie: Der Himmel ist der klarste, der je über der Sehnsucht gespannt wurde, das Personal steht auf Lichtungen und an Ufern, und jede Einstellung hat etwas von Vedutenmalerei. Keine Eifersucht, nur Sanftheit und Gewogensein, pudrige Mädchenhaut und geschürzte Lippen.

Im Grunde ist dieser Film ein Essay, rasant bis zur Schwerelosigkeit. Graf spricht selbst die Stimme aus dem Off, er kommentiert das Geschehen und mahnt den Zuschauer, den Bildern nicht vorbehaltlos zu glauben. Statt Körpersäften fließt Tinte, Schiller schreibt mit beiden Händen gleichzeitig, und irgendwann fragt man sich, ob die Verliebten das Verliebtsein nur deshalb so schön finden, weil sich so schön darüber schreiben lässt.

Bald zieht denn auch das Leben durch dieses Paradies und macht alles schwer. Caroline folgt dem Dichter ins Schlafzimmer, Charlotte heiratet ihn, und statt Liebe gibt es vor allem Kabale. Paradise lost.

Aus allen Wolken fallen, nennen das die Deutschen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort