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Düsseldorf Susan Sontag über die Kraft des Pop

Düsseldorf · Endlich in voller Länge: das Gespräch der Denkerin mit dem "Rolling Stone".

Wenn jemand nicht begreifen kann, wozu Popmusik in der Lage ist, und welche Wirkung zwei Minuten kurze Lieder auf das Leben von Menschen haben können, möge er dieses Buch lesen. "The Doors und Dostojewski" heißt der Band, der ein Interview dokumentiert, das Susan Sontag 1978 dem Journalisten Jonathan Cott gab. Etwa ein Drittel des Gesprächs erschien damals in der Zeitschrift "Rolling Stone", nun liegt erstmals der komplette Text vor, und jede Zeile davon ist lesenswert.

Die Schriftstellerin, Theoretikerin und Filmemacherin erinnert sich an ihre erste Begegnung mit dem Rock 'n' Roll. Es war während ihres Studiums, und gehört hat sie Bill Haley. Hoch- und Populärkultur seien in jener Zeit Gegensätze gewesen, erzählt sie, auch sie selbst habe geglaubt, Shakespeare und Chuck Berry seien unvereinbar. Dann kam dieses Lied aus den Lautsprechern der Jukebox: "Ich hörte den dionysischen Klang, und genau wie in ,Die Bakchen' stand ich auf und wollte ihm folgen. Es war wie in der Schlusszeile von Rilkes berühmten Gedicht: ,Du musst dein Leben ändern'." Sontag gab ihre akademische Karriere auf, ließ sich scheiden, lebte mit Frauen zusammen.

Das Buch dokumentiert, welche Kraft Kunstwerke haben können, wenn man sie denn ernst nimmt. "Ich kann mich besser auf Patti Smith einlassen, wenn ich Nietzsche gelesen habe", sagt Sontag. Der Band ist Zeitgeschichte, ein Ausflug ins Denken der US-Ostküsten-Elite.

Jonathan Cott kannte Sontag von der Columbia University. Er studierte dort, sie war Dozentin, und als er einen ihrer Essays las, besuchte er sie in ihrem Büro, um ein Kompliment zu machen. Die beiden freundeten sich an, und Jahre später führten sie ihr berühmtes Gespräch - zunächst in Sontags Apartment in Paris, dann im Penthouse in New York, wo sie mit 8000 Büchern lebte, in ihrem "Sehnsuchtarchiv".

Die Beiden sprachen auch über die Veröffentlichungen der Zeit, Sontags "Über Fotografie" und "Krankheit als Metapher". Sontag hatte sich einer Brustkrebs-Operation unterziehen müssen, und mit Vehemenz verteidigte sie ihr Leben gegen die Diagnose: "Wenn man nicht leben will, macht man sich zum Komplizen der Krankheit." Sie wolle in ihrem Leben vollkommen präsent sein, "die volle Aufmerksamkeit auf die Welt richten", die sie umgebe. Ende der 70er Jahre gaben die Ärzte ihr nur noch wenig Zeit. Doch erst 2004 verlor Sontag den Kampf gegen den Krebs. Woher sie die Kraft zum Überleben nahm, steht in diesem Buch.

(RP)
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