Fragen und Antworten E-Autos — ohne Lockmittel keine Chance?

Berlin · Experten runzeln die Stirn, doch die Kanzlerin will am großen Ziel von einer Million Elektroautos nicht rütteln lassen. Kaufprämien als Lockmittel soll es nicht geben. Vielleicht doch in einigen Jahren?

2012: Das Elektroauto Renault Twizy
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Das Kräfteverhältnis auf dem Kanzleramts-Parkplatz ist klar: eine Flotte schwarzer Limousinen, einige Mittelklassewagen und gleich an der Eingangstür - ein kleines Elektromobil. Dabei berät Hausherrin Angela Merkel (CDU) am Montag gerade mit Vertretern der Industrie und mehreren Ministern, wie der schwächelnde Markt für E- Autos auf Touren zu bringen ist. Denn auch auf den Straßen sieht man die klimaschonenden Wagen noch kaum, von denen es bis 2020 irgendwie eine Million geben soll. Doch Zweifel werden lauter. Sollte der Staat Käufer mit einem Zuschuss locken wie einst bei der Abwrackprämie? Erst einmal nicht, so das vorläufige Fazit.

Wie kommen die E-Autos in Deutschland voran?

"Das Elektroauto ist dabei zu scheitern", warnt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Gerade einmal 2272 Exemplare seien in den ersten acht Monaten dieses Jahres neu zugelassen worden. Ausgangslage zum 1. Januar 2012 bei insgesamt 43 Millionen Pkw: rund 4500 E-Autos. Dazu kommen 47.600 Hybridwagen, die kombinierten Sprit- und Batterieantrieb haben. Zu pessimistisch wollen Politik und Industrie die Lage aber nicht sehen. "Das weltweite Rennen um diese Zukunftstechnologie ist ein Langstreckenlauf", sagt der Präsident des Verbands der Automobilindustrie, Matthias Wissmann.

Kann eine Kaufprämie Schwung bringen?

Ohne Kaufzuschuss komme die Elektromobilität mit noch so vielen Kanzleramtsgipfeln nicht voran, moniert Grünen-Abgeordnete Valerie Wilms. "Wenn wir keine Anreize setzen, verpufft die ganze Nummer." Daimler-Chef Dieter Zetsche denkt ebenfalls an zusätzliche Lockmittel, sollen die ehrgeizigen Ziele nicht aufgegeben werden.
"Wahrscheinlich wäre letztlich ein Kaufanreiz auch ein Thema, was den Absatz weiter fördern könnte." Dudenhöffer verweist dagegen darauf, dass sich E-Autos selbst mit Prämien von bis zu 7500 Dollar wie in den USA so gut wie nicht verkauften. Erfolgversprechender könne sein, mehr Autokäufer zum Ausprobieren für Testfahrten zu gewinnen.

Was hält die Regierung von einer Kaufprämie?

In der Regierung findet die Idee einer Anschub-Prämie keine Freunde, wie Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) noch einmal klarstellt. Auch Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sagt: "Die Erfahrungen in anderen Ländern sind nicht gerade so, dass wir ohne sorgfältige Prüfung zusätzliches Geld in die Hand nehmen sollten." Schon am Wochenende hatte Autoindustrie-Präsident Wissmann jedoch sorgsam formuliert: "Die Frage nach einer Kaufprämie hat zum heutigen Zeitpunkt nicht die erste Priorität." Merkel lässt durchblicken, dass je nach Fortschritt nachgesteuert werden könne. Ob in der kommenden Wahlperiode nach 2013 eventuell mehr Anreize gebraucht würden, "wird dann entschieden werden, wenn es so weit ist."

Wie geht es weiter?

Am plakativen Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 will die Kanzlerin jedenfalls nicht vorzeitig rütteln lassen, zumal noch acht Jahre Zeit sind. Ein Niveau von 600.000 sei schon realistisch, lautet ihre Argumentation. "Der Rest wird erarbeitet." Dafür stehe bereits die Forschungsförderung, Steuerbegünstigungen für Elektroautos sollen bis Jahresende beschlossen sein. Hohe Priorität hat auch, E-Mobile sichtbarer zu machen. In den vier schon gekürten Schaufensterregionen im Land sollen denn auch etwas mehr als die geplanten 7000 Fahrzeuge Praxistests machen. "Es ist ein langer Marsch" sagt Merkel. "Aber es ist auch ein sehr spannender Marsch."

(dpa)
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