Der Teufel steckt im Detail

Für Mietwohnungen gibt es unterschiedliche Vorgaben zur Bestimmung der Wohnfläche. Falsche Angaben rächen sich bei Miete und Nebenkosten.

Wer die Miete erhöhen will, muss die tatsächliche Wohnfläche zugrunde legen. Das hat der Bundesgerichtshof 2015 entschieden (Az.: VIII ZR 266/14). Seitdem gilt nicht mehr, was lange allgemein toleriert wurde: Auf zehn Prozent mehr oder weniger Fläche kam es nicht an. Die richtige Wohnfläche herauszufinden, ist aber schwierig.

"Der Teufel steckt im Detail", sagt Mietrechtsanwalt Michael Eggert aus Frankfurt am Main. Das beginnt bereits bei der Frage, wo der Zollstock angelegt wird. Eggert verdeutlicht das am Beispiel einer 20 Zentimeter tiefen Heizung. In Brusthöhe und damit über dem Heizkörper angelegt, ist das Zimmer 20 Zentimeter länger, als wenn das Maßband in Hüfthöhe angelegt wird und der Heizkörper im Weg steht. "Macht bei vier Zimmern fast vier Quadratmeter Differenz." Ähnlich verhält es sich mit Fußleisten, Kabelkanälen und Fensterbänken.

Anhaltspunkte zur Bestimmung der Wohnfläche lassen sich aus der Wohnflächenverordnung (WoFlV) ableiten. Sie betrifft offiziell den sozialen Wohnungsbau. Trotzdem folgen Gerichte der Verordnung auch im Streit um frei finanzierte Wohnungen. Die Leitlinie bestimmt unter anderem, dass Räume ab einem und mit weniger als zwei Metern Höhe zur Hälfte in die Wohnfläche einfließen dürfen. Dies spielt wegen der vielen Schrägen insbesondere in Wohnungen im Dachgeschoss eine Rolle.

Die WoFlV gibt darüber hinaus vor, wie mit Balkon, Terrasse, Keller und Abstellraum umzugehen ist. Sabine Georgi, Mitglied der Kompetenzgruppe Flächendefinition der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung (gif), erläutert: "Balkone und Terrassen sind in der Regel zu einem Viertel anrechenbar." In Ausnahmen sind maximal 50 Prozent erlaubt. Garagen zählen genauso wenig mit wie Schuppen und Keller. Und: Generell ist bei WoFlV die Messlatte oberhalb der Fußleiste anzulegen.

Die WoFlV ist seit 2004 in Kraft und gilt für Verträge, die seitdem abgeschlossen wurden. Bei früher abgeschlossenen Verträgen orientieren sich Mieter und Vermieter beim Bestimmen der Wohnfläche an der II. Berechnungsverordnung. Sie macht andere Vorgaben, unter anderem für Balkone und Schrägen. Balkone darf der Vermieter zum Beispiel zur Hälfte berücksichtigen.

Ab und zu stehen auch Flächenangaben nach der DIN-Norm 277 in Inseraten oder Verträgen. "Mit der DIN lässt sich die Nutzungsfläche ermitteln, den Begriff Wohnfläche sucht man vergebens", sagt Georgi. Ein feiner Unterschied: Laut der Norm sind Flure in der Wohnung keine Nutzfläche, Balkone und Terrasse aber wohl. Die DIN ist also wenig hilfreich zur Bestimmung der Wohnfläche.

Wegen der verschiedenen Methoden empfehlen der Deutsche Mieterbund und der Verband Wohnen im Eigentum Mietern wie Käufern, immer nach der Mess- und Berechnungsgrundlage der Flächenangabe zu fragen. Beim Erwerb eines Hauses oder einer Wohnung sollte das im Kaufvertrag festgehalten sein.

Das BGH-Urteil vom November 2015 verpflichtet nicht zur Neuvermessung. Vermieter sollten jedoch Umbau oder Neuvermietung nutzen, um sich Gewissheit über die reale Quadratmeterzahl zu verschaffen, rät Inka-Marie Storm vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Das Wissen brauchen Vermieter spätestens, wenn sie die Miete erhöhen wollen. Denn der BGH hat bestimmt, dass eine "Mieterhöhung auf Basis der tatsächlichen Fläche zu erfolgen hat". Auf die im Vertrag stehende Wohnungsgröße und die Toleranzschwelle können Eigentümer nicht mehr bauen. Sie müssen außerdem die ortsübliche Vergleichsmiete beachten, die im Mietspiegel steht. Er gibt die Miete je Quadratmeter Wohnfläche an.

Häufig werden die Betriebskosten auf die Wohnfläche umgelegt. Hierbei zählt nach wie vor die im Mietvertrag angegebene Größe. Sollte eine Neuvermessung andere Werte ergeben, rät Storm Vermietern, die Betriebskosten anzupassen. Ist die Wohnung größer als angenommen, können Vermieter keine Nachtragszahlung vom Mieter verlangen - weder bei der Miete noch bei den Betriebskosten.

(RP)
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