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Studie Gewalt am Arbeitsplatz nimmt zu

Darmstadt (RPO). Viele Arbeitnehmer haben Angst davor, dass einer ihrer Kollegen am Arbeitsplatz plötzlich ausrastet und gewalttätig wird. Die Angst ist begründet, denn die Gewalt am Arbeitsplatz nimmt zu.

Mobbing am Arbeitsplatz: Die Zahlen
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Foto: gms

"Eine britische Studie hat gezeigt, dass die Fälle von Gewalt am Arbeitsplatz zugenommen haben", sagte der Darmstädter Kriminalpsychologe Jens Hoffmann im Interview der Nachrichtenagentur AP: "Dies deckt sich auch mit der Einschätzung deutscher Unternehmen."

Dabei seien bestimmte Grundmuster erkennbar. So stünden die Opfer meist auf der gleichen oder der nächst höheren Hierarchieebene wie die Täter. Die Angreifer seien zudem schon als schwierig bekannt gewesen, bevor sie gewalttätig wurden: "Teilweise sind es Menschen, die in einem Unternehmen von einer Abteilung in die nächste weitergereicht werden, weil sich niemand mit ihnen anlegen wollte."

Fast nie ereigne sich die Tat aus heiterem Himmel, berichtete der Darmstädter Psychologe: "Fast alle Taten waren geplant, und in der Mehrzahl der Fälle sprach der Täter im Vorfeld über seine Pläne oder äußerte sogar Gewaltdrohungen." So habe der Mitarbeiter eines Einzelhandelskonzerns seinen späteren Amoklauf mehrfach gegenüber Kollegen angekündigt.

Auf Warnsignale achten

Gewaltausbrüche lassen sich fast immer verhindern, wenn Vorgesetzte und Kollegen rechtzeitig auf Warnsignale achten. Dies ist das Ergebnis der ersten deutschen Studie zu schwerer Gewalt am Arbeitsplatz, die Hoffmann veröffentlichte. Hoffmann hatte für seine Studie Ermittlungs- und Gerichtsakten von 20 Fällen ausgewertet, bei denen 21 Menschen getötet und zehn weitere teils schwer verletzt wurden.

Will ein Unternehmen sich schützen, ist nach Hoffmanns Auffassung eine klare Abwehrstrategie notwendig. "Eine wirksame Abwehrstrategie besteht aus Grenzziehung einerseits und Krisenunterstützung andererseits", betont Hoffmann. Das Unternehmen müsse dabei frühzeitig und für jedermann transparent aufzeigen, was im Verhalten der Mitarbeiter nicht toleriert werde.

Oft seien die Täter Menschen, die jahrelang im Umgang mit Kollegen gegen Regeln verstoßen hätten, was stillschweigend geduldet worden sei: "Antwortet die Unternehmensleitung darauf irgendwann mit einer massiven Sanktion, stößt das bei dem Betroffenen auf Unverständnis und kann destabilisierend wirken."

Auch organisatorisch sollte sich ein Unternehmen auf Gewaltausbrüche vorbreiten, betont der Kriminalpsychologe: "Es gibt ein großes Potenzial zur Prävention von Gewalt am Arbeitsplatz."

Größere Unternehmen könnten ein fachübergreifendes Team bilden, in dem Personal- und Rechtsabteilung aber auch firmeneigene Beratungsstellen vertreten seien. Das Unternehmen sollte sich zudem für den Krisenfall mit der Polizei, aber auch mit externen psychologischen Beratern und psychiatrischen Einrichtungen vernetzen.

"Sensibilität ist notwendig"

"Um Gewalt am Arbeitsplatz zu verhindern, ist vor allem Sensibilität notwendig", betont Hoffmann: "Vorgesetzte und Mitarbeiter müssen auf Warnsignale achten." Zudem brauche jedes Unternehmen einen festen Ansprechpartner, an den sich Mitarbeiter und Vorgesetzten wenden könnten, wenn sie im Verhalten eines Kollegen ein Abkippen in die Gewalt befürchten: "Bei vielen Menschen, die zur Gewalt greifen, kommen berufliche und private Krisen zusammen." Hier könne es helfen, wenn Vorgesetzte den Betroffenen aufzeigten, wo sie in ihrer aktuellen Lage Hilfe bekommen können.

Nach Einschätzung des Darmstädter Psychologen ist es für viele Firmen höchste Zeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen: "Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten steigt das Risiko von schweren Gewalttaten." So müsse jeder Firmenchef sich klarmachen, was er mit Entlassungen auslösen könne, denn noch immer werde von manchen Unternehmen eher beiläufig gekündigt: "Jedes Unternehmen, das Gewalt verhindern will, muss Entlassungen mit Respekt gegenüber den Mitarbeitern kommunizieren." So könne ein Chef Gespräche mit den von Entlassung Betroffenen führen und dabei Hilfestellungen anbieten oder Perspektiven für den künftigen Berufsweg aufzeigen.

(AP/seeg)
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