Nick Owen Dieser Mann testet freiwillig den Ebola-Impfstoff

Düsseldorf · Über 8000 Menschen sind inzwischen mit dem Ebola-Virus infiziert. Jetzt wird erstmals in mehreren Ländern ein Impfstoff gegen die verheerenden Seuche an Menschen getestet. Einer von ihnen ist der 27-jährige Engländer Nick Owen. Warum er das tut, und wie es ihm bislang ergeht.

 Nick Owen ist 27, Presse-Mitarbeiter bei Ärzte ohne Grenzen - und er testet den ersten Impfstoff gegen Ebola.

Nick Owen ist 27, Presse-Mitarbeiter bei Ärzte ohne Grenzen - und er testet den ersten Impfstoff gegen Ebola.

Foto: Screenshot YouTube/ Nick Owen

Nick Owen ist es gewöhnt Aufmerksamkeit zu erzeugen. Er ist zuständig für den Internet-Auftritt von Ärzte ohne Grenzen in London. Er blogt. Twittert. Schreibt. Seit dem 1. Oktober aber ist alles anders. Das war der Tag an dem eine Krankenschwester am Jenner Institute der Oxford Universität einen Bestandteil des Ebola-Virus in Owens Arm gejagt hat. ChAd3 heißt der Stoff, indem sich ein gutartiges Protein des Erregers befindet, und der, wenn die sechsmonatige Testphase erfolgreich verläuft, der erste wirksame Impfstoff gegen Ebola sein könnte. Jetzt steht der 27-Jährige plötzlich selbst im Mittelpunkt.

I have #ebola (sort of)! Just been injected with the vaccine being trailed at the Jenner Institute. Feeling fine. pic.twitter.com/ld9DJUvpwN

"Es ist seltsam, wenn ich daran denke, dass gerade ein kleines Stück von einem der tödlichsten Viren der Welt durch meine Venen fließt. Ein Virus, das 90 Prozent der Menschen tötet, die daran erkranken", schreibt Owen in seinem Blog-Eintrag auf der Internetseite von Ärzte ohne Grenzen. Owen tut das freiwillig. Als Mitarbeiter in der Presseabteilung weiß der 27-Jährige worauf er sich einlässt. Täglich beschäftigt er sich mit den Neuigkeiten aus Westafrika. Er kennt die Zahlen. Und die Bilder. Auch die schonungslosen. Jene, die die Öffentlichkeit nicht zu Gesicht bekommt. Aber genau die waren der Auslöser für diesen Schritt. "Während ich das hier schreibe, sind zehn meiner Kollegen von Ärzte ohne Grenzen an dem Virus gestorben, ebenso wie hunderte andere medizinische Helfer in Westafrika", schreibt Owen. Durch seine Teilnahme an den Tests hofft er auf lange Sicht, weitere solche Fälle verhindern zu können.

Wie der Ebola-Impfstoff wirkt

Doch dafür muss sein Körper auch mit einer Immunreaktion auf das Protein reagieren. Um diese Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, wurde das Fragment, das etwa ein Siebtel des Ebola-Virus ausmacht, durch einen speziellen Träger in Owens Körper eingeschleust. Dabei handelt es ich um einen Grippe-Erreger von Schimpansen. "Man hat mir absichtlich einen Virus als Träger gegeben, weil die in die Zelle eindringen und dort eine bestimmte Form von Immunreaktion auslösen", erklärt Owen in seinem Eintrag. Ein Schimpansen-Virus musste es sein, weil Menschen gegen die meisten Erkältungsviren bereits natürlich geimpft sind, also keine Immunreaktion mehr hervorgerufen werden kann.

"Viele haben gesagt, dass ich sehr mutig, oder auch sehr dumm sein muss, dass ich an einem solchen Experiment Teil nehme", schreibt der Engländer in seinem Blog-Eintrag weiter, "aber ich sehe nicht wirklich wo das Problem liegt". Immerhin, bis auf einen etwas schmerzhaften Arm und ein paar Erkältungssymptome hat Owen die Impfung nach eigenen Angaben bislang gut überstanden. Zur Sicherheit hat er aber ein elektronisches Tagebuch, in dem er alle körperlichen Reaktionen der ersten 28 Tage festhält. Besonders wichtig ist dabei die Körpertemperatur.

Bereits im Vorhinein musste Owen sich verschiedenen Tests unterziehen. Überprüft wurde sein allgemeiner Gesundheitszustand anhand von Blutproben, Körpertemperatur und Blutdruck. Richtwerte an denen die Ärzte und Forscher des Jenner Instituts in den nächsten sechs Monaten auch die kleinste Abweichung erkennen können. Sieben Mal muss Owen für Bluttests an das Institut. Und er ist nicht der einzige. Insgesamt 60 Personen nehmen in England an der Studie Teil. Sie wurden in drei Gruppen eingeteilt und erhielten entweder eine geringe, mittlere oder hohe Dosis des Ebola-Proteins. Weitere Tests mit ChAd3 werden derzeit mit Testpersonen in Amerika und auch direkt in Westafrika durchgeführt.

My first blog piece about taking part in the Jenner Institute's #Ebola @VaccineTrials. http://t.co/mqsoDhfw6E pic.twitter.com/AXCHcSBxea

Sollte die Behandlung mit dem Serum tatsächlich zu einer Immunisierung gegen das Ebola-Virus führen, könnte das immerhin zwei der fünf verschiedenen Ebola-Virenstämme abhalten. Entwickelt wurde ChAd3 auf der Basis des Zaire-Stamms, benannt nach dem Fundort. Wegen seiner Ähnlichkeit zum Guinea-Virenstamm, wäre der Impfstoff gegen beide wirksam. Erste Ergebnisse sollen bis Ende November feststehen. Fallen sie positiv aus, könnte auch direkt eine großangelegte Produktion des Impfstoffs beginnen.

"Ich hoffe, dass ich mit meiner Teilnahme an der Versuchsreihe einen kleinen - und ich betone, eine sehr kleinen - Anteil daran haben kann, dass ein Ebola-Ausbruch von solcher Dimension nicht noch einmal passiert", sagt Owen.

(ham)
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