Volkskrankheit Sodbrennen Warum die Speiseröhre so empfindlich ist

Düsseldorf/Krefeld (RP). Zu den Volksleiden zählt das Sodbrennen als ätzendes Symptom der Refluxkrankheit. Aber die Speiseröhre kann auch auf andere Weise Schaden nehmen. Das Barrett-Syndrom führt in einigen Fällen zu Krebs. Gefürchtet sind auch Verengungen und Schluckstörungen.

Das hilft gegen Sodbrennen
Infos

Das hilft gegen Sodbrennen

Infos
Foto: Shutterstock/Refat

Eigentlich ist die Speiseröhre ein Schlauch und erste Etappe einer langen Einbahnstraße, deren Nutzung etliche Stunden später auf einem Töpfchen endet. So ist mancher geneigt, die 25 Zentimeter des obersten Teil seines Verdauungstraktes merklich zu unterschätzen. Essen, trinken, schlucken, rutschen lassen: Das klingt nach Liefergasse für Speisen, ist aber in Wirklichkeit eine raffinierte Konstruktion. Wie raffiniert, bemerkt man erst, wenn die Speiseröhre erkrankt.

Reflux-Krankheit Zu den meistgehassten Volksleiden zählt das Sodbrennen als ätzendes Symptom der Refluxkrankheit, also des Zurücklaufens aggressiver Magensäfte in die Speiseröhre und höhere Regionen. Wird dieser Saft nicht neutralisiert — etwa durch Magensäureblocker —, kann er die Schleimhaut des Ösophagus (Terminus der Mediziner für die Speiseröhre) reizen und lädieren. Doch dringen die Säfte und Gase auch in Rachen und Nasennebenhöhlen vor, weswegen eine Umstellung des Essens und Schlafens erforderlich sein kann.

Speisen und alkoholische Getränke, die den unteren Pförtnermuskel der Speiseröhre (am Übergang zum Magen) allzu sehr entspannen, sind spätabends eher schädlich, und das Bett sollte der Schläfer am Kopfende höher stellen. Die Crux mit dem Rückfluss: Nicht jeder Reflux ist sauer, und nicht jeden sauren Reflux merkt der Betroffene. Manchmal ist eine Speiseröhre bereits vernarbt und verengt, doch ihr Besitzer hat nie etwas gespürt. Weitere Symptome: Husten und Räusperzwang.

Barrett-Syndrom Hat die chemische Reizung der Speiseröhrenschleimhaut allzu lange angehalten, können sich deren Zellen umwandeln, und das sogenannte Barrett- Syndrom droht. Es existiert in diversen Erscheinungsformen und Längenstadien und ist für den Erhalt der Gesundheit insofern bedenklich, als der "Barrett" als Präkanzerose gilt — also als Vorstufe zum Krebs der Speiseröhre.

"Neue Studien zeigen aber, dass nur einige wenige Barrett-Fälle tatsächlich in einen Krebs übergehen", sagt Professor Thomas Frieling, Chefarzt am Helios Klinikum Krefeld. Aber welche? Ist die Schleimhaut schon massiv verändert, um- oder neugebildet (Dysplasien), sollte der Arzt über eine Entfernung des Barrett-Segments nachdenken; Gewebeproben zeigen das Ausmaß der Erkrankung.

Wie die Therapie der Zukunft aussehen kann, zeigte die 20. Jahrestagung der Gesellschaft für Gastroenterologie in NRW, die Frieling leitete. Als aussichtsreiche Methode empfiehlt sich neuerdings die Radiofrequenz- Verödung der Barrett- Schicht. Dabei wird durch das Endoskop, das bei Magenspiegelungen im Einsatz ist, ein Ballon geschoben und aufgeblasen, auf dem ein Metallstreifen sitzt. "Durch ihn fließt kurzzeitig elektrische Energie, mit der die Barrett-Schicht Zentimeter für Zentimeter abgetragen werden kann", sagt Brigitte Schumacher, Oberärztin am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf.

Die Wunde, die bei dieser Verödung entsteht, heilt schnell ab, neue Schleimhautzellen wachsen nach."Um sicherzustellen, dass nicht auch der Barrett wieder nachwächst, sind einige Kontroll-Endoskopien nötig", sagt Frieling. Nach aktueller Studienlage erweist sich die Radiofrequenz-Ablation als sehr erfolgreiches Therapieverfahren. "Leider wird es von den Gesetzlichen Krankenkassen noch nicht übernommen", klagt Schumacher.

Volumenreflux Kommt es etwa beim Bücken zum "Volumenreflux" (wobei sich fast der gesamte Mageninhalt plötzlich im Mund wiederfindet), dann helfen auch Magensäureblocker nicht; sie kurieren ja nur symptomatisch, ändern aber kaum etwas daran, dass die Speiseröhre ein "Motilitätsproblem" hat — die glatte Muskulatur vor allem am unteren Ende der Speiseröhre ist dabei in ihrer Funktion beeinträchtigt. Dann kann eine chirurgische Raffung dieses Teils helfen. Auch eine große Öffnung im Zwerchfell, durch welche die Speiseröhre aus dem Brustkorb in den Bauchraum übertritt (Hiatushernie), erleichtert den Reflux.

Achalasie Diese gefürchtete, gottlob nicht sonderlich häufige Krankheit beschreibt die Unfähigkeit des unteren Speiseröhren-Schließmuskels, sich für den Durchtritt eines Bissens in den Magen zu weiten — beim Schlucken erschlafft dieser Muskel einfach nicht. Die typischen Symptome der Achalasie sind Schluckbeschwerden, Aufstoßen von Nahrungsresten und Völlegefühl. Der Gastroenterologe sieht jene Verengung bei der Spiegelung, der Radiologe hilft ihm bei der Diagnose, indem der Patient unter Röntgenstrahlung Brei schluckt. Die Engstelle kann man endoskopisch per Ballon dehnen, man kann sie operieren (laparoskopische Myotomie) oder gar das lähmende Nervengift Botulinumtoxin spritzen. Medikamente helfen kaum.

(felt/csi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort