Sprechstunde Tückischer Sekundenschlaf

Jeder vierte Verkehrsunfall wird in Deutschland durch ein kurzes Einnicken verursacht. Der Arzt muss eine organische Ursache abklären.

Inge F. (44) aus Goch fragt: "Im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen liest man oft vom Sekundenschlaf. Was ist das, und wie kann man ihn behandeln?"

Rafael-Michael Löbbert Der Sekundenschlaf, auch als Mikroschlaf bezeichnet, ist ein ungewolltes Einnicken, das nur wenige Sekunden dauert. Laut Deutscher Verkehrswacht wird in Deutschland jeder vierte Verkehrsunfall durch einen Sekundenschlaf verursacht.

Als Ursache für den Sekundenschlaf gelten Übermüdung, längere monotone Tätigkeiten, lange Arbeitszeiten, Schlafstörungen und Erkrankungen wie das Restless-Legs-Syndrom, das Schlafapnoe-Syndrom und die Narkolepsie. So haben Menschen mit einem Schlafapnoe-Syndrom ein 2,6-fach höheres Unfallrisiko als gesunde Autofahrer. Auch die Einnahme von Medikamenten, etwa von Beruhigungsmitteln, Schlaftabletten, Allergiemitteln und Parkinson-Medikamenten, kann zum Sekundenschlaf führen.

Typische Anzeichen eines Sekundenschlafs sind eine allgemeine Müdigkeit, häufiges Gähnen, leichtes Frösteln, Augenreiben und Augenbrennen. Die Augenlider werden schwer und fallen immer wieder zu. Konzentration und Aufmerksamkeit sind beeinträchtigt. Es kommt zum plötzlichen Auf- und Hochschrecken. Wahrnehmungsstörungen mit Doppelbildern, zu Gesichtsfeldeinschränkung, Tunnelblick und optischen Täuschungen bis hin zu Halluzinationen. Beim Autofahren nehmen Fahrfehler mit Verschalten, abruptem Bremsen und Problemen beim Spurhalten zu. Im Verhalten zeigen sich Betroffene nicht selten gereizt und vermehrt aggressiv.

In jedem Fall sollte die Vorstellung beim Hausarzt oder einem Facharzt zum Ausschluss einer organischen Ursache des Sekundenschlafes erfolgen. Gegebenenfalls ist eine weitere Diagnostik in einem Schlaflabor erforderlich. Liegt keine Grunderkrankung vor, so gibt es keine medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten. Ausreichender Schlaf, frische Luft, leichte Mahlzeiten und das Vermeiden von Alkohol sind die wirksamste Prophylaxe. Effektiv ist "Power-Napping", auch bekannt als Nickerchen oder Managerschlaf, von etwa zehn bis 20 Minuten.

Für längere Autofahrten gilt, mindestens alle zwei Stunden eine Pause von 15 bis 20 Minuten einzulegen. Nachtfahrten zwischen 2 Uhr und 5 Uhr sollten vermieden werden, da sich der Körper in dieser Zeit normalerweise im Tiefschlaf und somit in einem Leistungstief befindet. Koffeinhaltige Getränke wie Kaffee, Cola und Energiedrinks sowie Aufputschmittel sind nicht zu empfehlen. Sie wirken nur kurzfristig und haben eine aufschiebende Wirkung. Eine spätere Müdigkeitsattacke kann umso heftiger auftreten.

(RP)
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