Sprechstunde Winfried Randerath Wenn die Lunge transplantiert werden muss

Bei COPD, Lungenfibrose und Mukoviszidose ist eine Transplantation manchmal der letzte Ausweg.

Unsere Leserin Sophie K. aus Velbert fragt: " Mein Mann ist jetzt 47 Jahre alt. Die Ärzte sagen, er hat ein schweres Lungenemphysem, das aber vererbt sei. Er hat noch nie geraucht. Weil er sich kaum mehr belasten kann, wurde von einer Lungentransplantation gesprochen. Wie sind da die Chancen? Was kommt auf ihn zu?"

winfried randerath Ein Lungenemphysem, auch Lungenüberblähung genannt, ist eine Erkrankung der kleinen Atemwege und Lungenbläschen. Diese haben die Aufgabe, den Sauerstoff aufzunehmen und die Kohlensäure abzugeben. Beim Lungenemphysem werden die vielen mikroskopisch kleinen Lungenbläschen zu großen Blasen umgebaut, ihre Wände und Blutgefäße gehen verloren, die Luft kann nicht mehr richtig abgeatmet werden, sondern bleibt in der Lunge gefangen. Leider kann nun auch weniger Sauerstoff ein- und Kohlendioxid abgeatmet werden. Der Patient muss angestrengt atmen, er hat Luftnot. Besonders bei körperlicher Belastung fehlt ihm der Sauerstoff im Blut. In Deutschland sind die meisten Lungenemphyseme, wie die chronische Bronchitis, durch das Zigarettenrauchen verursacht. Bei Ihrem Mann scheint jedoch ein seltener, angeborener Eiweißmangel vorzuliegen. Das Gleichgewicht von aufbauenden und abbauenden Substanzen in der Lunge ist gestört. Das Gewebe geht verloren. Wenn andere Maßnahmen wie Rehabilitation, Sauerstoffgabe, Atemunterstützung durch Beatmungsgeräte und medikamentöse Maßnahmen ausgeschöpft sind, kann tatsächlich eine Lungentransplantation in Erwägung gezogen werden. Die erste Lungentransplantation in Deutschland wurde 1967 durchgeführt. Im Jahr 2012 erfolgten alleine 750 Transplantationen in 14 Zentren in Deutschland. Allerdings stellt die Lungentransplantation für die Erkrankten eine echte Chance dar. Etwa 50 Prozent gewinnen mehr als fünf Jahre Lebenszeit, manche noch sehr viel länger. Das sind tolle Ergebnisse angesichts der schweren Einschränkungen und der sehr geringen Lebenserwartung, die die Betroffenen ohne Transplantation hätten. Leider ist die Zahl der Spender viel geringer, als Organe benötigt werden. Auch stellt diese große Operation eine wesentliche Belastung für die Patienten dar und ist mit Risiken behaftet. Daher kommen für eine Lungentransplantation nur Patienten mit einer schweren Lungenerkrankung im weit fortgeschrittenen Stadium in Frage. Vor einer Transplantation wird daher sehr sorgfältig untersucht, ob andere Erkrankungen im Körper das Risiko für den Patienten erhöhen und die Chancen verringern. Dies kann für Tumorkrankheiten, chronische Infektionen, Stoffwechsel- und Herzerkrankungen gelten. Auch müssen die Patienten über längere Zeit Nichtraucher sein. Sind alle Voruntersuchungen gut verlaufen, werden zur Vorbereitung häufig noch Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt, um den Allgemeinzustand und Ernährungszustand zu verbessern. Die Lungentransplantation wird am häufigsten bei Mukoviszidose, COPD und Lungenemphysem, Lungenhochdruck und auch Lungenfibrose durchgeführt. Liegen alle Voruntersuchungen vor, dann werden sie in einem Team von spezialisierten Ärzten besprochen und eine Aufnahme auf die Transplantationsliste erwogen. Danach beginnt für den Patienten die oft belastende Wartezeit. Es muss ein optimal zum Patienten passendes Organ gefunden werden. Dabei spielen nicht nur Körpergröße und Konstitution, sondern besonders auch Ähnlichkeit in genetischen Merkmalen eine Rolle. Auf die Nachbehandlung kommt es wesentlich an. Bei jeder Transplantation erhält der erkrankte Empfänger ja ein Organ eines anderen Menschen. Unser Abwehrsystem versucht nun, dieses fremde Material abzustoßen. Daher müssen die Patienten dauerhaft Medikamente einnehmen, die die Abstoßung verhindert. Ein weiteres wichtiges Problem sind Infektionen mit Krankheitserregern, die es bei der gestörten Abwehrkraft sehr viel leichter haben. Eine Lungentransplantation ist also ein schwieriger operativer Eingriff. Mehr noch verlangt sie vom Patienten hohe Disziplin, Kraft und Geduld in der Langzeitbehandlung. Hier braucht er alle Unterstützung des Hausarztes und des Transplantationsspezialisten, aber auch ganz besonders seiner Familie und seiner Freunde. Um die Chancen für Ihren Mann zu erhöhen, sind wir jedoch alle gefragt. Wir können seinem Leben und dem so vieler anderer Betroffener eine echte Perspektive bieten, wenn wir unsere Bereitschaft, Spender von Organen zu sein, endlich erklären.

Winfried Randerath, Professor für Pneumologie, ist Chefarzt am Krankenhaus Bethanien in Solingen.

(RP)
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