Tschechien Das ist Europas Geisterkirche

Lukova · Geisterhaft sitzen die gesichtslosen Gestalten mit den weißen Umhängen auf den Bänken der tschechischen St.-Georgs-Kirche. Sie regen sich nicht. Geben keinen Ton von sich, und verleihen dem Gotteshaus eine regelrecht schauderhafte Atmosphäre.

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Foto: flickr/ CC BY 2.0/ janbommes

Die St-Georgs-Kirche im kleinen Lukova ist ein unheimlicher Ort. Ihr Gemäuer ist zerfallen, ihre Fenster zerbrochen. Das Gebäude von einem Friedhof umgeben. Wer es dennoch in das Innere wagt, betritt eine ganz eigene Welt. Nur ein paar Kerzen spenden dämmriges Licht, gerade genug, um die seltsamen Figuren zu sehen, die auf den Hollzbänken sitzen.

In jeder Reihe sind es zwei Wesen. Geisterhaft mit weißen Laken behängt. Die Kapuzen weit über den Kopf gezogen. Schweigend. Regungslos. Und dort, wo das Gesicht sein sollte, klafft nichts als ein schwarzes Loch.

Mystisch und gruselig zugleich wirkt die Stimmung in der Kirche. Doch die geisterhaften Besucher sind keineswegs echt, sondern eine Installation vom tschechischen Künstler Jakub Hadrava.

Mit seiner Kunst soll gegen das Vergessen der Kirche angegangen werden. Denn die Einwohner des Ortes glaubten nach mehreren Unglücken, dass sie von einem Fluch belegt sei. Die St.-Georg-Kirche wurde im Jahr 1352 im damaligen Böhmen gebaut, und brannte Ende des 18. Jahrhunderts fast vollständig aus. Sie wurde im neo-romanischen und neo-gotischen Stil wieder aufgebaut, doch das Dach stürzte 1968 während einer Beerdigung ein. Danach wurden die Messen draußen oder in anderen Häusern abgehalten. In die St-Georg-Kirche jedenfalls trauten sich die Einwohner von Lukova nicht mehr.

Una tenebrosa instalación artística en una iglesia abandonada #Lukova, República Checa: http://t.co/XxIle5H6bB pic.twitter.com/V1WOqRKOsd

Die 32 Figuren von Hadrava allerdings, könnten das jetzt ändern, denn immer mehr Touristen kommen, um die Geisterkirche zu sehen. "Mit dem Geld, dass die Besucher da lassen, können wir die Kirche irgendwann renovieren und sie in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzen", sagt der ehrenamtliche Kirchenleiter Petr Koukl der "Daily Mail".

Zwar hat Lukova gerade mal 700 Einwohner, doch das Dorf zieht dank des ungewöhnlichen Gotteshauses Besucher aus Deutschland, Großbritannien, Brasilien, Australien und Japan an.

Ghost statues by #JakubHadrava are placed at the St. George's in #Lukova, #CzechRepublic. Matej Divizna/Getty Images. pic.twitter.com/7XlWXAJZek

"Die Figuren stellen die Geister der Sudetendeutschen dar, die vor dem Zweiten Weltkrieg in Lukova lebten und jeden Sonntag zum Beten in diese Kirche kamen", erklärt der Künstler Jakob Hadrava der "Daily Mail". Mit seinem Werk wolle er der Welt zeigen, dass dieser Ort eine Vergangenheit habe und ein Teil des alltäglichen Lebens gewesen sei, aber dass das Schicksal einen großen Einfluss auf das Leben habe.

(ham)
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