Hotels wollen junge Leute anlocken

Die Urgesteine der Hotellerie wollen nicht länger zusehen, wie die Vermittler von Privatunterkünften wie Airbnb ihnen die jungen Gäste wegschnappen. Sie legen neue Marken für die Generation Y auf. Das Motto: Schluss mit Standard.

Eine einsame Empfangshalle, beliebige Architektur, W-Lan nur in der Lobby: Ein solches Hotel lockt heutzutage keine jungen Menschen an. Im Hotel wollen sie sich im besten Fall wohlfühlen wie in ihrem eigenen Wohnzimmer. Die Hotellerie hat erkannt, dass ihr die viel beschworene Generation Y (so nennt man die Geburtenjahrgänge 1980 bis 1999) davonläuft, wenn sie sich nicht modernisiert. Und so legen die großen Hotelketten zunehmend neue Marken auf, die frisch und modern sein wollen. Best Western hat zum Beispiel "Vib", Hyatt die zwei Brands "House" and "Andaz", Mariott das "Moxy" und Starwood "Aloft", wie die Fachzeitschrift "fvw" in einem Marktüberblick zeigt. Auch deutsche Ketten gehen bei dem Trend mit.

Accor Hotels: "JO&JOE" Die Budget-Hotels sind explizit für die Generation Y konzipiert, wie das Unternehmen verkündet hat. Die Häuser sollen sowohl "Townster" (Einheimische) als auch "Tripster" (Touristen) ansprechen, die sich per App vernetzen können. Es gibt eine Gemeinschaftsküche. Die Unterkünfte sollen cool und anders sein: Gruppenreisende können in Hängematten, Jurten oder Wohnwägen übernachten. Bis 2020 sind 50 Häuser weltweit geplant.

Steigenberger: "Jaz" Die Marke gibt es bisher in Amsterdam, ab Anfang nächsten Jahres wird es sie auch in Stuttgart geben. Check-in und Check-out sowie bargeldloses Zahlen sind über die App Hotelbird möglich. Im "Jaz" in Amsterdam etwa finden Konzerte statt, die auch mal mit Aftershow-Partys enden. Lindner: "me and all" Ab Oktober gibt es ein Haus in Düsseldorf. "Wir wollen keinen geschlossenen Betrieb wie für die meisten Hotels üblich, sondern offene Events, zu denen auch die Einheimischen eingeladen sind", sagt Catherine Bouchon von der Lindner Hotelgruppe. Wieder dient das Smartphone als Türöffner für die Zimmer. Carlson Rezidor: "Radisson Red" Ein Haus der Marke steht schon in Brüssel, weitere sind in Planung. Mit der Red-App kann man bezahlen, ein- und auschecken und sogar mit anderen Hotelgästen chatten. "Poolbilliardtisch und Tischtennisplatten sorgen für eine kreative Abwechslung", sagt Arno Schwalie, Vizepräsident Zentral- und Südeuropa bei der belgischen Hotelgruppe. Highspeed-Internet gehört zur Grundausstattung.

Wer sich die Konzepte anschaut, erkennt drei Trends: 1. Authentizität Nicht nur das Design soll erfrischend sein, ein Umdenken findet auch beim Service statt. Die Hotelmitarbeiter müssen zum Beispiel auch Insider-Tipps für Stadttour und Nachtleben geben können. Das Ziel: Die Gäste sollen vor Ort genauso leben und sich bewegen wie die Einheimischen.

2. Technologie Digitalisierung sei das große Stichwort, sagt Martin Linne von der Gesellschaft für Tourismusforschung. Wer zeitgemäß sein will, müsse modernste TV-Geräte sowie kostenfreies W-Lan bieten können. Die Hotelzimmer sollen außerdem individuell anpassbar sein: "Das ist zum Beispiel durch spezielle Lichteffekte, Lüftungsmöglichkeiten und eine App, mit der sich Härtegrad und Höhe vom Bett einstellen lassen, möglich", sagt Linne.

3. Individualisierung Der Standard-Look vieler Hotels ist nicht mehr so gefragt. "Sie sind einfach zu gleich, das langweilt", sagt Linne. Also müssen kreative Extras her: Statt der Minibar im Zimmer gibt es zum Beispiel eine Maxibar in der Lobby. Oder vom Hotel angebotene Stadtführungen.

Dass die Hotels sich von der Masse absetzen und spezialisieren müssen, bleibt nicht ohne Folgen: "Nicht alle Gästesegmente können dadurch bedient werden", sagt Tobias Warnecke vom Hotelverband Deutschland. Das heißt: Die neuen und hippen Konzepte sind nichts für jeden Gast. Doch die Generation Y einfach der Konkurrenz von Airbnb und Co. zu überlassen, ist keine Option mehr. Und die großen Ketten haben ja immer noch ihre etablierten Häuser.

(RP)
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