Neukirchen-Vluyn Wehrleute haben die Schnauze voll

Neukirchen-Vluyn · Interview mit dem Leiter der Feuerwehr Neukirchen-Vluyn, Lutz Reimann, und seinem Stellvertreter Markus Heimberg zur monatelangen Diskussion zum Bau von Gerätehaus und Baubetriebshof am Kombi-Standort Tersteegenstraße.

Nach langen, zum Teil sehr emotional geführten Diskussionen soll in der Ratssitzung am kommenden Mittwoch im Rahmen der Haushaltsverabschiedung der endgültige Beschluss für den Kombi-Bau von Feuerwehrgerätehaus für den Löschzug Vluyn und Baubetriebshof am Kombi-Standort Tersteegenstraße gefasst werden.

Im Gespräch mit RP-Redakteur Ulrich Joppich erläutern der Leiter der Feuerwehr Neukirchen-Vluyn, Lutz Reimann, und sein Stellvertreter Markus Heimberg ihre Positionen.

Herr Reimann, Herr Heimberg, wie ist derzeit die Stimmung bei den Feuerwehrleuten in Vluyn?

Markus Heimberg Die Mitglieder dieses Löschzugs hatten bisher für vieles Verständnis, sie haben Ruhe bewahrt und jahrelang bei allem mitgemacht. Nachdem dann aufkam, dass alles kippen könnte, war die Stimmung ganz unten. Nicht selten habe ich die Äußerung gehört "Da machen wir nicht mehr mit!

Lutz Reimann Wir verstoßen aufgrund der baulichen Enge im Feuerwehrgerätehaus Vluyn seit Jahren gegen Unfallverhütungsvorschriften und Feuerwehr-Dienstvorschriften. Da kommt vielen der Gedanke "Warum soll ich mich weiter gefährden?" Nur mit der vagen Hoffnung, dass wir irgendwann einmal eine Perspektive haben, kann man seine Leute nicht ewig vertrösten und motivieren.

Heimberg Wir haben unter hohem zeitlichen Druck abendelang zusammen gesessen und die gesamte Innenausstattung bis zur letzten Steckdose geplant. Wenn wir jetzt erfahren, dass es nicht weiter geht, ist die Luft raus. Wenn wir hören, dass das Projekt gekippt wird und wir wieder bei A anfangen sollen, ist Feierabend. Als der Löschzug vor der letzten Hauptausschuss-Sitzung Ende März hörte, dass das Projekt eventuell kippen könnte, war er kurz davor, die Brocken hin zu werfen.

Reimann Der Löschzug ist nicht mehr bereit, unter diesen Bedingungen zu arbeiten. Die Kameraden und Kameradinnen haben mir gesagt: "Wenn das nicht ernst genommen wird, ist Schluss!"

Sie haben schon reichlich Positionen von der Wunschliste gestrichen. Sehen Sie weiteres Potenzial?

Reimann Es ist keine Wunschliste. Wir mussten definieren, was wir tatsächlich brauchten. Bei der Suche nach Einsparmöglichkeiten haben wir das Projekt immerhin um über 600 000 Euro abgespeckt. Unter anderem wurden der Fitness-Raum, eine Teil-Unterkellerung, die Wohnung, ein Fahrzeugstellplatz, der Pumpen-Prüfstand von der Liste gestrichen, und wir haben Räume zusammen gelegt. Wir haben das alles sehr ernst genommen. Im übrigen muss ganz klar gesagt werden, dass wir eine rein ehrenamtliche Feuerwehr sind. Dadurch werden im Vergleich zu einer hauptamtlichen Feuerwehr alleine Personalkosten von 1,2 Millionen Euro pro Jahr eingespart. Weiteres Einsparpotenzial gibt es nicht. Wir sehen uns an der Grenze. Wir müssen etwas leisten. Wenn in Neukirchen-Vluyn die Lichter ausgehen, dürfen sie nicht bei der Feuerwehr ausgehen. Wir wollen und müssen einen guten Job machen.

Was sagen Sie zu den Vorschlägen, sich an preiswerteren Modellen — etwa Legden — zu orientieren?

Reimann Da werden Äpfel mit Birnen verglichen. Ob Moers, Bamberg oder Legden — die Vergleiche hinken alle. Wir sind im übrigen nur indirekt für die Kosten verantwortlich, wir beschreiben lediglich Funktionen von Dingen, die wir für die Durchführung unserer Aufgaben für die Bürger brauchen.

Wäre die Arbeit der Feuerwehr beeinträchtigt, wenn nur das Gerätehaus gebaut würde. Wo sehen Sie Synergieeffekte?

Heimberg Als wir vor Jahren gefragt wurden, ob wir uns eine Zusammenlegung von Gerätehaus und Baubetriebshof vorstellen könnten, haben wir uns damit beschäftigt und dann gesagt, dass das unter bestimmten Rahmenbedingungen möglich wäre.

Reimann Der Hintergrund war ja, dass der Baubetriebshof auf dem Niederberg-Gelände angesiedelt werden sollte. Dann stellte man fest, dass die Feuerwehr wegen der zu langen Rettungszeiten dort nicht angesiedelt werden durfte und kam schließlich zum Kombi-Standort Tersteegenstraße. Selbstverständlich gibt es Synergieeffekte. Zum Beispiel ein Teil der Alarm-Parkplätze, die wir tagsüber nicht brauchen oder eine gemeinsame Waschhalle und Werkstatt. Lieferungen, die bisher am Rathaus abgegeben wurden, können dann direkt zum neuen Standort gebracht werden. Die große Fläche des Baubetriebshofs könnten wir abends für Übungen nutzen. Das alles würde funktionieren.

Sie befürchten, dass bei einer Änderung des Ratsbeschlusses zum Kombi-Bau das ganze Projekt wieder von vorne beginnt. Wie lange machen die Feuerwehrleute das noch mit, wann ist bei Ihnen persönlich die Geduld am Ende?

Heimberg Wenn jetzt der Beschluss für den Kombi-Standort gekippt würde, wäre das ganz schlimm, da die Gegner keinen Plan B entwickelt haben und sich der Neubau des Feuerwehrgerätehauses damit, um mindestens ein Jahr verzögert.

Reimann Wenn das gekippt würde, dann hätte ich ein Problem. Die Stimmung wäre dann am Boden. Das lassen meine Leute nicht mit sich machen. Die Politik ist letztendlich verantwortlich für das, was in Neukirchen-Vluyn passiert. Dabei können die uns nicht im Regen stehen lassen!

Heimberg Viele wissen nicht, dass wir in Neukirchen-Vluyn eine rein ehrenamtliche Feuerwehr sind, dass alle einen anderen Beruf haben und alles stehen und liegen lassen, wenn es brennt und Menschen gerettet werden müssen.

(RP)
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