Viersen Entgiften im Katastrophenfall

Viersen · Die Feuerwehr Viersen kann in einem Spezialcontainer auch Schwerverletzte von Chemikalien befreien. Rund 150 Einsatzkräfte sollen sich auf einen Einsatz mit dem neuen Behälter vorbereiten. Die Prozedur ist aufwändig.

 Die Dekontaminationsbehältersind mit 22 Schutzanzügen, zwei aufblasbaren Zelten von 200 Quadratmetern sowie Duschen und Reinigungssubstanzen ausgerüstet.

Die Dekontaminationsbehältersind mit 22 Schutzanzügen, zwei aufblasbaren Zelten von 200 Quadratmetern sowie Duschen und Reinigungssubstanzen ausgerüstet.

Foto: Busch

Eine schmutzige Bombe explodiert im Stadtgebiet. Die Menschen sind nicht nur schwer verletzt, sondern auch vergiftet. Die Hilfskräfte rücken mit einem Spezialcontainer an, um die Betroffenen medizinisch zu versorgen und von den Chemikalien zu befreien. Im neuen Abrollbehälter der Feuerwehr Viersen können die Einsatzkräfte 25 Menschen pro Stunde durchschleusen und reinwaschen.

"Im ersten Zelt ziehen wir die Patienten aus, reinigen ihre Verletzungen, verkleben sie wasserdicht und duschen sie dann mit speziellen Waschsubstanzen und Wasser ab", beschreibt Michael Nöllner den Dekontaminationsvorgang. Der Sachgebietsleiter Ausbildung plant, rund 150 Kräfte der Viersener Feuerwehr für im Umgang mit dem neuen Behälter zu schulen. "Dann können wir im Ernstfall sofort 65 Leute mobilisieren. Dazu kommen Notärzte und Rettungsassistenten."

Zwei Schleusen

Die Helfer können in dem System mit zwei Schleusen auch Schwerverletzte im Liegen vom Gift befreien. Sie werden auf surfbrettähnlichen Tragen über eine Rollbahn in den Duschbereich geschoben. Eingehüllt in Schutzanzüge waschen die Einsatzkräfte die Opfer gründlich von allen Seiten ab und leiten sie anschließend zur weiteren Versorgung an die medizinische Abteilung im hinteren Teil des doppelten Zeltes weiter. "Diese Prozedur ist so aufwändig, dass wir pro Stunde nur fünf liegende Patienten säubern und versorgen können", sagt Michael Nöllner.

Auf der anderen Seite der Schleuse können sich zur gleichen Zeit 20 Verletzte, die sich noch auf den Beinen halten können, selbst vom Gift befreien. "Das funktioniert ähnlich wie das Duschen zu Hause", versichert Kreisbrandmeister Klaus Riedel. Genauso angenehm ist der Waschvorgang allerdings nicht, da sich die Betroffenen komplett entkleiden müssen und das Wasser kühl ist. "Sonst öffnen sich die Poren und das Gift dringt in den Körper ein", betont Michael Nöllner.

Die Feuerwehr hat mit dem Container eine anspruchsvolle Aufgabe übernommen. Im Katastrophenfall sollen seine Leute innerhalb einer Stunde kreisweit zur Stelle sein. Der Aufbau dauert bei einem geübten Team weitere 20 Minuten. "Wir wollen damit dem Schutzbedürfnis der Bürger entgegen kommen. Wir leben in einer technisierten Welt, in der atomare, biologische und chemische Stoffe zu unserem Alltag gehören", sagt Klaus Riedel. Er sieht neben einer Bombenexplosion noch zahlreiche weitere Einsatzgebiete für den Behälter. "Die wahrscheinlichste Variante ist ein Unfall in einem Chemiewerk oder mit einem Gefahrguttransporter."

Denkbar sei jedoch auch der Ausbruch einer Tierseuche. "Dann müssen sich die Mitarbeiter des Veterinäramtes und alle, die im Stall im Einsatz waren, anschließend ebenfalls desinfizieren lassen", sagt Klaus Riedel. Das nötige Wasser kommt entweder aus den Hydranten oder den Fahrzeugen der Feuerwehr, die kontaminierte Flüssigkeit wird wider aufgefangen und anschließend ebenfalls vom Gift gereinigt. FRAGE DES TAGES

(RP)
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