Mehrheit im Parlament: Bundestag beschließt umstrittene Reform des Klimaschutzgesetzes
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"Scheindemokratiestatt Demokratie"

Düsseldorf · Eines seiner letzten Interviews gab Günter Grass unserer Zeitung. Wir dokumentieren Auszüge aus dem Gespräch, das Lothar Schröder mit ihm führte.

So reagieren Politik und Gesellschaft auf den Tod von Günter Grass
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Foto: dpa, pl_rh nic

Es gibt noch immer viele Intellektuelle, für die der Einheitsprozess überhastet geschehen ist.

Grass Die Einheit ist über die Köpfe der Beteiligten hinweg gemacht worden, die die Machthaber in der DDR gestürzt und damit ihre Schuldigkeit getan hatten. Die Einheit ist ganz und einseitig nach westdeutschen Gesichtspunkten geschehen.

Sie gehörten zu jenen, die lange Zeit gegen eine deutsche Wiedervereinigung waren . . .

Grass . . . nein, im Gegenteil: Ich war einer der wenigen, die die Teilung nicht hingenommen haben. Nur bin ich davon ausgegangen, dass, wenn es dazu kommt, wir es schrittweise machen und uns in einer Konföderation einander nähern müssen.

Welche politische Atmosphäre nehmen Sie derzeit in Deutschland wahr - auch vor dem Hintergrund der "Pegida"-Demos?

Grass So etwas kommt nicht von ungefähr. Die diffuse Angst, die die Menschen da äußern, ist das Spiegelbild einer diffusen Politik, die zunehmend von Lobbyarbeit bestimmt wird. Das Wegdelegieren von politischen Entscheidungen in die Wirtschaft halte ich für sehr gefährlich.

Wird "Pegida" von Politikverdrossenheit angetrieben?

Grass Das trifft zu für einen Teil der Leute. Natürlich gibt es auch Rechtsradikale darunter, und das sind immer die Lautesten. Aber es sind eben auch ehemalige Wutbürger dabei, und das muss man wahrnehmen. Es gibt Gründe für dieses Misstrauen gegenüber Politik. Man müsste eine Art Bannmeile um den Bundestag legen - für alle Lobbyisten. Wenn man es zuspitzen will: Nicht der Islam gefährdet die Bundesrepublik, sondern das Lobbywesen. Die Demokratie ist zu einer Scheindemokratie verkommen.

(RP)
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