Krankenhäuser in der Region "Händeschüttel-Verbot gegen Klinik-Keime unnötig"

Düsseldorf · NRW will stärker gegen die Ausbreitung gefährlicher Krankenhaus-Keime vorgehen. Kliniken in Bochum haben deshalb sogar ein Verbot für den Handschlag ausgegeben. In Krankenhäusern der Region halten Experten das für übertrieben.

Nordrhein-Westfalen will konsequenter gegen Keime in Krankenhäusern vorgehen. Dazu können Patienten Fragebögen zur Hygiene in den Kliniken vorgelegt werden. Hintergrund ist die wachsende Zahl von Fällen multiresistenter Keime (MRSA). Das sind Staphylokokken-Bakterien, gegen die es nur noch wenige wirksame Antibiotika gibt.

Die Augusta-Kliniken in Bochum und Hattingen haben nun sogar das Händeschütteln per Dienstanweisung verboten, damit sich die Keime nicht übertragen. Das Gesundheitsministerium NRW bewertet diese Maßnahme zurückhaltend: "Wir teilen die bereits geäußerte Expertenmeinung, von Fall zu Fall zu entscheiden und zwischen dem Bedarf nach Zuwendung und der Hygiene abzuwägen", teilte ein Sprecher mit.

Auch in den Krankenhäusern der Region wird ein Verbot für das Handgeben nicht in Erwägung gezogen. Im Klinikum Duisburg und im Evangelischen Klinikum Niederrhein hält man das Händeschüttel-Verbot sogar für unnötig. Die Verantwortlichen in beiden Krankenhäusern verweisen auf ihr umfassendes Hygienekonzept, durch das die Übertragung von Krankheitserregern verhindert werden soll. "Wir halten uns strikt an die Anweisungen, die in unseren Hygiene-Regeln festgehalten sind. Weitere Maßnahmen halten wir derzeit nicht für notwendig", erklärt eine Sprecherin des Klinikum Duisburgs auf Anfrage.

Die städtischen Kliniken in Mönchengladbach sehen in dem Händeschüttel-Verbot den falschen Weg. "Bei uns gibt es in jedem Krankenzimmer Desinfektionsmittel, das von den Ärzten nach dem Kontakt mit dem Patienten genutzt wird", erklärte Geschäftsführer Horst Imdahl. Erst vor Kurzem wurden 32 Krankenpfleger zu Hygienefachkräften ausgebildet. "Wir setzen auf Ausbildung, anstatt Verbote auszusprechen", sagte Imdahl weiter.

Kontakt zwischen Arzt und Patient leidet

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Thomas Rieger, Chefarzt des Evangelischen Klinikums Niederrhein, ist sogar der Meinung, dass ein Händeschüttel-Verbot den persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient unterbinden würde, der für eine gute Behandlung des Patienten unerlässlich ist. "Die Leute erwarten einfach, dass ich als Arzt ihnen zur Begrüßung kurz die Hand gebe – und das ist auch richtig so", erklärt er. In seinem Krankenhaus ist es für alle Mitarbeiter verpflichtend, sich vor und nach dem Kontakt mit den Patienten die Hände zu desinfizieren. "Das dauert etwa 30 Sekunden. Das Argument, dass Zeit eingespart werden kann, wenn diese Prozedur wegfällt, kann ich nicht nachvollziehen", so Rieger weiter.

Außerdem sei mit einem Händeschüttel-Verbot das Risiko, dass Krankheiten übertragen werden, ohnehin noch längst nicht aus der Welt: "Wenn ich einen Patienten untersuche, komme ich so oder so in Kontakt mit ihm. Ich muss meine Hände also in jedem Fall vor und nach der Untersuchung desinfizieren – ob ich dem Patienten nun zur Begrüßung die Hand gebe oder nicht", sagt Rieger.

Im Neusser Johanna-Etienne-Krankenhaus gibt es kein generelles Händeschüttelverbot. "Die menschliche Zuwendung gehört zur Behandlung dazu. Wir haben es schließlich mit Menschen und nicht mit Robotern zu tun", sagt Krankenhaussprecherin Christina Jacke. Das Klinikpersonal werde regelmäßig von einer Fachkraft für Hygiene geschult. Insofern wisse jeder Mitarbeiter, welchem Patient man die Hände schütteln kann und bei welchem man es aus Sicherheitsgründen besser lässt.

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