Kriminalität Ein Auto, zwei Monate, drei Aufbrüche

Düsseldorf · Die Aufklärungsquote bei Autoaufbrüchen ist ähnlich niedrig wie bei Einbrüchen. Der Polizei fällt es schwer, die Täter zu überführen. In Düsseldorf wurde ein Auto innerhalb von nur kurzer Zeit dreimal aufgebrochen.

Die NRW-Kriminalstatistik 2013
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Foto: shutterstock/Robert Hoetink

Stefan M. aus Düsseldorf hat gerade sein Haus verlassen und will zur Arbeit aufbrechen, als er die eingeschlagene Fensterscheibe an seinem Auto bemerkt. Die Fahrertür ist beschädigt, der Innenraum verwüstet, das fest montierte Navigationssystem aus der Konsole gerissen und gestohlen. Auch die Airbags sind weg. "Alles kaputt - schon wieder", klagt er. Bereits zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen wurde sein Auto aufgebrochen, die Bord-Elektronik komplett ausgebaut. Kaum ist der BMW, ein Kombi der Fünferreihe, aus der Werkstatt zurück, schlagen die Täter schon wieder zu. Neben seinem Auto wurden in der selben Gegend noch weitere BMW aufgebrochen.

Die Polizei scheint machtlos zu sein. Von den Tätern fehlt jede Spur. Nachbarn haben nichts Verdächtiges gesehen oder gehört. Auch wenn die Ermittler die Kriminellen, die das Auto des 39-Jährigen aufgebrochen haben, nicht zu fassen bekommen, scheinen sie doch zu wissen, wann sie wieder zuschlagen werden. "Als mein Wagen zum ersten Mal aufgebrochen wurde, sagte mir der Polizist: Die kommen in vier Wochen wieder und brechen ihn erneut auf", erzählt M.

Tatsächlich knacken viele professionelle Kriminelle öfter ein und denselben Wagen. "Sie warten nach dem ersten Aufbruch einige Wochen ab, bis der Schaden behoben worden ist, und schlagen dann erneut zu", sagt ein Polizeisprecher, "weil sie dann bereits genau wissen, wie sie das Auto knacken können und dass sie dann die neuesten Geräte erbeuten".

In der Regel handelt es sich bei den Tätern um professionelle Diebesbanden aus Osteuropa, die gezielt für einige Tage nach Deutschland einreisen, um hochwertige Geräte wie Navis, Airbags, Kurvenlichter und Scheinwerfer aus Autos zu stehlen. Dabei haben es die Täter laut Polizei meistens auf die hochpreisigen Marken Mercedes, BMW und Audi, aber auch auf VW abgesehen. "Sie werden in einer Art Ausbildungslager in ihrem Heimatland für die Aufbrüche geschult, und zwar so, dass sie die Geräte beim Ausbau nicht beschädigen", erklärt ein Polizeisprecher. "Dann werden sie von ihren Auftraggebern mit Stadtplänen nach Deutschland geschickt, auf denen Straßen mit vielen Luxusautos verzeichnet sind."

Auch wenn punktuell in einigen Städten wieder mehr Autos aufgebrochen werden, ist die Zahl dieser Delikte rückläufig. Landesweit zählte die Polizei im vergangenen Jahr 101 415 Autoaufbrüche, 992 Fälle weniger als 2013. Auch in der Landeshauptstadt wurden in diesem Jahr bisher deutlich weniger Autos aufgebrochen. Um 25 Prozent gingen die Fälle zurück. Bis Ende April zählte die Düsseldorfer Polizei 1509 Autoaufbrüche, im selben Zeitraum des Vorjahres waren es 1957.

Die sinkenden Zahlen erklären sich die Ermittler unter anderem mit erhöhter Polizeipräsenz auf den Straßen. "Die Täter sind merklich vorsichtiger geworden", sagt ein Ermittler. Zudem blieben Banden nie lange an einem Ort, sondern verlagern ihre Raubzüge im wöchentlichen oder monatlichen Rhythmus von Stadt zu Stadt. Trotz des Rückgangs muss die Polizei einräumen, dass sie die Täter nur selten auf frischer Tat zu fassen bekommt. Die Aufklärungsquote ist ähnlich gering wie bei Einbrüchen. Nur etwa jeder zehnte Fall wird in NRW aufgeklärt. - im Ruhrgebiet sogar nur jeder 20.

Dabei ist die Vorgehensweise der Gangster immer gleich: Sie knacken die Autos nachts auf. Pro Aufbruch benötigen sie maximal eine Minute. Mit Spezialwerkzeug ziehen sie in Sekundenschnelle die fest montierten Geräte aus der Verankerung, oft durchtrennen sie dabei noch sämtliche Kabel - was den Schaden noch erhöht. Meist belassen sie es nicht bei einem Aufbruch, sondern knacken zum Teil bis zu 20 Autos in einem Viertel. Die gestohlenen Geräte werden gehortet und verpackt, bis sie in großen Stückzahlen mit Lieferwagen nach Osteuropa gebracht werden, wo sie dann auf Märkten für etwa 500 Euro verkauft werden.

Bei BMW weiß man um das Problem der vielen Aufbrüche an ihren Autos. "Unsere Modelle verfügen schon über hohe Sicherheitsstandards", sagt ein Sprecher. Neuerdings empfiehlt die Polizei ernsthaft, Babyphones im Kampf gegen die Autodiebe einzusetzen. Dabei stehe der Sender etwa in der Garage, der Empfänger im Schlafzimmer. "Kommen die Diebe und schlagen die Scheiben ein, wird das Opfer über das Baby-Funkgerät geweckt", erklärt ein Polizeisprecher.

Davon hält der Düsseldorfer Stefan M. wenig. Noch weniger hält er allerdings von dem Tipp, seinen BMW zu verkaufen. Das hat ihm nämlich die Polizei geraten, weil der zu oft aufgebrochen werde. "Das ist ja so, als wenn man sagen würde: Kauft nichts Schönes, dann kann auch nichts gestohlen werden", heißt es dazu aus Kreisen der Bayerischen Motorenwerke in München.

Dass der Vorschlag, den BMW zu verkaufen, zudem ausgerechnet von der Polizei kommt, dürfte besonders Innenminister Ralf Jäger nicht gerne hören. Hat er doch gerade erst stolz verkündet, dass die NRW-Polizei 1845 neue Streifenwagen bekommt - von BMW, weil die so sicher seien.

(RP)
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