Streit in Werl Schützenpräses duldet Muslim als König

Düsseldorf · Monsignore Robert Kleine verteidigt die Statuten der Schützenbruderschaften, sieht aber kein Problem darin, Mithat Gedik als König zu halten. Der Schützenbund tagt am Mittwochabend und will danach eine Entscheidung bekanntgeben.

  Der Schützenkönig Mithat Gedik und seine Frau Melanie beim Schützenfest in Werl-Sönnern im Juli.

Der Schützenkönig Mithat Gedik und seine Frau Melanie beim Schützenfest in Werl-Sönnern im Juli.

Foto: dpa

In die Diskussion um den muslimischen Schützenkönig in Werl hat sich auch Monsignore Robert Kleine, Präses im Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS), eingeschaltet. "Auch wenn es vielleicht nicht immer so deutlich ist, muss man erkennen, dass viele historische Schützenbruderschaften katholische Vereine sind." In der aufgeregt geführten Debatte gehe es um die grundsätzliche Frage, was historische Schützenbruderschaften überhaupt seien. In einer katholischen Frauengemeinschaft erwarte niemand, dass dort eine Muslima Mitglied werden kann.

Der 33-jährige Deutsch-Türke Mithat Gedik, geboren in Deutschland und verheiratet mit einer Katholikin, war beim Eintritt in seine Bruderschaft im Werler Ortsteil Sönnern-Pröbsting offenbar nicht nach seiner Konfession gefragt worden. Erst als er Mitte Juli beim Schützenfest den Vogel abschoss und sich folglich für das nächst höhere Schießen auf Bezirksebene anmelden wollte, stellte sich heraus, dass er Muslim ist.

Der BHDS teilte als Dachverband der christlichen Bruderschaften mit, einen Muslim als König nicht akzeptieren zu wollen und bezieht sich dabei auf seinen Status als katholischer Verband, der der Kirche angegliedert ist und deshalb nur christlich Getaufte aufnehmen kann. Gedik hätte deshalb gar nicht erst Mitglied werden dürfen. Doch das sieht die Kirche vor Ort anders. Der Werler Pastor Christoph Severin, der gleichzeitig Präses von Gediks Schützenbruderschaft ist, sagt: "Wir haben ihn hier als katholische Kirche herzlich aufgenommen. Das Problem liegt einzig und allein beim Verband." Auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bezeichnete die Haltung des Schützenbundes gestern als "intolerant und diskriminierend".

Emin Özel, der 2007 im bürgerlichen Schützenverein Paderborn zum ersten muslimischen Schützenkönig Deutschlands gekrönt wurde, wünscht sich, dass Gedik sein Amt antreten kann: "Ich hatte ein sehr harmonisches Jahr als Schützenkönig und habe die Erfahrung gemacht, dass sich das Schützenwesen auch mit meinem Glauben vereinbaren lässt." Er sei damals selbstverständlich mit zur Pontifikalvesper und anderen christlichen Veranstaltungen gegangen. Özel gab zudem bekannt, dass Gedik in den Urlaub gefahren sei, um dem Trubel um seine Person zu entfliehen.

"Was da passiert, kann ich nicht nachvollziehen", sagte Thomas Nickel, Präsident des Neusser Bürger-Schützen-Vereins. "Der Mann ist verheiratet mit einer Katholikin, hat katholische Kinder, auch der Ortspfarrer hat es akzeptiert, wieso dann nicht die Bruderschaft?"

Bundespräses Kleine zeigte sich erstaunt über die teils harsche Kritik. Ein Problem in der gesamten Debatte um einen muslimischen Schützenkönig scheine tatsächlich in der Unkenntnis über das Fundament und die Ziele dieser Bruderschaften zu bestehen. Dies sogar in den eigenen Reihen, was schon dadurch dokumentiert werde, dass Mithat Gedik überhaupt Mitglied des Vereins in Werl werden konnte. Vielen sei nach den Worten Kleines selbst mit einem Heiligen als Schutzpatron gar nicht bewusst, dass Schützenbruderschaften kirchliche Vereine sind. "In allen Satzungen aber steht, dass dies eine Gemeinschaft von Menschen mit christlicher Tradition ist. Das unterscheidet uns auch von einem Feuerwehr- oder einem Sportverein", so der Bundespräses, der auch Dom- und Stadtdechant zu Köln ist.

Nach den Worten des Geistlichen ist das Kreuz-Pfeilsymbol das Kennzeichen der Sebastianus-Schützen. Daher könne man keinen Moslem zwingen, "unser Kreuz zu tragen, weil der Islam das Kreuz im christlichen Sinn ablehnt". Kleine: "Es gibt viele Menschen, die kaufen sich ein Kreuz als Modeschmuck. Für uns ist es aber kein Modeschmuck, sondern ein Bekenntnis. Das aber kann ich von einem Moslem nicht verlangen, wenn ich ihn und seinen Glauben ernst nehme."

Die Debatte könnte für den Bundespräses der Schützen durchaus in doppelter Weise Früchte tragen. Zum einen in der Erkenntnis, dass "eine gelungene Integration nicht Gleichmacherei ist". Zum anderen könnte die Diskussion aber auch den Anstoß dazu geben, dass alle Mitglieder der Bruderschaft sich selbst noch einmal klar darüber werden, wo sie eigentlich Mitglied sind, sagt Kleine. "Wir haben ein gewisses Profil. Und mit dem ecken wir natürlich in einer säkularer werdenden Gesellschaft an. Die katholische Kirche ist dann manchmal wie ein Stachel."

Und was heißt das für den muslimischen Schützenkönig von Werl? "Mithat Gedik ist Schützenkönig und soll auch Schützenkönig bleiben. Ich wünsche ihm auch ein wunderschönes Königsjahr in der Gemeinschaft, die er vor Ort hat", so Kleine.

BHDS-Pressesprecher Rolf Nieborg teilte gestern mit, der Verband stehe in ständigem telefonischen Kontakt mit den Werler Schützen. Für heute Abend sei außerdem eine Vorstandssitzung einberufen worden. Danach werde man eine Entscheidung verkünden können.

Sollte man keine gemeinsame Lösung finden, stünde es der Bruderschaft selbstverständlich frei, aus dem Dachverband auszutreten und ein bürgerlicher Schützenverein zu werden.

(RP)
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