Todesfahrt von Münster Sie hört das Leid der Angehörigen

Eigentlich ist Elisabeth Auchter-Mainz eine mit allen Wassern gewaschene Juristin. Aber jetzt hilft die Ex-Staatsanwältin den Opfern der Amokfahrt von Münster, das Grauen zu bewältigen.

 Die NRW-Opferschutzbeauftragte Elisabeth Auchter-Mainz.

Die NRW-Opferschutzbeauftragte Elisabeth Auchter-Mainz.

Foto: Oliver Berg/dpa

Nach der Amokfahrt am vergangenen Wochenende in Münster hat sie viel Schlimmes gehört. Elisabeth Auchter-Mainz ist Nordrhein-Westfalens erste Opferschutzbeauftragte. "Hinter jedem Kontakt steckt ein Schicksal. Wir haben teilweise erschütternde Berichte gehört", erzählt die 66-jährige Ex-Generalstaatsanwältin am Donnerstag in Düsseldorf mit ruhiger Stimme. "Ich werde nicht in die Details gehen. Ich möchte die Opfer schützen und möchte nicht, dass sie ihren Einzelfall irgendwo wiederfinden."

Die Betroffenen haben am vergangenen Samstag aus vielen unterschiedlichen Perspektiven erlebt, wie der 48-jährige Jens R. mit einem Campingbus in eine Menschenmenge am beliebten Kiepenkerl-Denkmal gerast ist. Es gibt zwei Todesopfer, über 20 Verletzte, Menschen, die zwar nicht physisch verletzt, aber geschockt sind, und noch viel mehr Angehörige. Und dann gibt es im Sauerland noch die Eltern des mutmaßlich mit psychischen Problemen beladenen Täters, der sich direkt nach seiner Amokfahrt erschossen hatte.

Persönliche Gespräche

"Wir haben jedem Opfer angeboten, in den kommenden Wochen ein persönliches Gespräch zu führen", unterstreicht Auchter-Mainz. An die 50 Betroffene stünden bereits auf ihrer Liste - Ende offen. "Die Liste lebt. Es gibt Leichtverletzte, die sind zunächst vom Tatort weggegangen und melden sich jetzt erst."

Haben auch die Angehörigen der getöteten 51-jährigen Frau und des 65-jährigen Mannes das Gesprächsangebot angenommen? "Bisher nicht. Wir haben es versucht, aber es ist im Augenblick noch nicht möglich", antwortet Auchter-Mainz. Und will sie auch mit den betagten Eltern des Täters sprechen? "Das haben wir noch nicht entschieden, haben aber darüber schon nachgedacht." Nüchtern und sachlich fallen ihre Antworten aus - auch auf die Frage, wie die Betroffenen in Münster auf ihre Hilfe reagiert haben "Gut. Positiv." Elisabeth Auchter-Mainz will helfen, gefühlsduselig ist sie dabei nicht.

Besonderen Blick für die Opfer

Über 40 Jahre war sie in der Justiz tätig, zuletzt als Generalstaatsanwältin in Köln, zuvor als Leiterin der Staatsanwaltschaft Aachen. Ende der 80er Jahre leitete sie rund zwölf Jahre lang das damals neu aufgelegte Sonderdezernat für Sexualdelikte. "Ich habe in dieser Zeit sehr viel unmittelbaren Kontakt zu Opfern gehabt und sehr viel gelernt. Ich bin Juristin, aber dank meiner praktischen Tätigkeit habe ich einen besonderen Blick auf Opfer."

Sie und ihre beiden Mitarbeiterinnen - eine weitere Staatsanwältin und eine Sozialarbeiterin - verstünden sich als Lotsen, die Kriminalitätsopfern unbürokratisch den Weg zu Hilfsangeboten wiesen, erläutert Auchter-Mainz. Das könne die Opferschutzorganisation Weißer Ring sein, eine Trauma-Ambulanz oder Unterstützung bei Ansprüchen nach dem Opferentschädigungsgesetz. Viele wollten aber zunächst einfach reden und ihr Herz ausschütten. "Wir mussten zuhören. Wir haben zugehört."

(sef/dpa)
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