Gebäude in Düsseldorf-Gerresheim wird umgebaut Wenn der Bunker kein richtiger Bunker mehr ist

GERRESHEIM · 77 Jahre nachdem der Hochbunker von französischen Kriegsgefangenen errichtet wurde, steht nun der Umbau zu einem Wohnhaus an. Ein Blick in die wechselvolle Geschichte des Gebäudes an der Heyestraße in Düsseldorf-Gerresheim.

Der Bunker an der Heyestraße in Düsseldorf-Gerresheim
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Der Bunker an der Heyestraße in Düsseldorf-Gerresheim

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Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Gefühlt war er immer schon irgendwie da. Graubraun, hässlich, mehr oder weniger nutzlos, ein großer unförmiger Kasten, eigentlich zu (fast) nichts mehr zu gebrauchen. Ein lästiges Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg. Abreißen oder sprengen – so gut wie unmöglich oder einfach viel zu teuer. Weil keiner wusste, was man mit dem Bunker an der Heyestraße 152 anfangen sollte, blieb er über viele Jahrzehnte einfach dort stehen.

Hinter den dicken Mauern probten Musikbands, die es nie bis an die Spitze der Charts schafften. In den unteren Etagen wurde aus Italien importiertes Gemüse oder ganz früher Schuhreparaturen angeboten. Später eröffneten Sympathisanten der Rocker-Gruppierung „Hells Angels“ im Erdgeschoss ein Café.

So richtig wussten viele Gerresheimer aber nie genau, was hinter den meterdicken Mauern so alles vor sich ging. Bis 2012 die Polizei eine riesige Haschisch-Plantage in der sechsten Etage entdeckte. Allein die Stromrechnung für das Kunstlicht ging in die Zehntausende. Die Betreiber hatten damals Vietnamesen dazu gezwungen, die Pflanzen anzubauen und die Ernte abzuliefern.

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Gezwungen zum Bau des Bunkers wurden französische Kriegsgefangene in den Jahren 1942/43. In den noch folgenden zwei Kriegsjahren wurde der Bunker von der Gerresheimer Bevölkerung rege genutzt, um Bomben und Artilleriebeschuss zu entkommen. „Männer im Alter von 16-70 Jahren gehören in den Einsatz und nicht in den Bunker“ – diese Parole prangte zu jener Zeit auf dem Gemäuer, das in seinem Inneren acht Ebenen mit Schutzräumen bot.

Der Eingang war in jenen Kriegsjahren durch eine schmale Eisentür möglich, wer rein- und hinausging,  wurde streng überwacht. Wenn die Sirenen heulten, strömten die Bewohner aus der nahen Umgebung in den Bunker. In den Etagen standen einfache Holzpritschen, Türen oder Vorhänge gab es nicht. Für Luft sorgten Ventilatoren, die ständig laute Geräusche machten.

Die Autorin Ruth Willigalla hat in den 1990er Jahren mit Gerresheimern gesprochen, die die Kriegstage im Bunker miterlebt haben. In den ersten Monaten des Jahres 1945 – so wird berichtet – wurde der Beschuss durch die Amerikaner immer heftiger. Einige Gerresheimer Familien lebten deshalb ständig im Bunker.

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Foto: RKW Architektur +, GTL, Vössing. Visualisierungen: MACINA digital film

Am 11. März 1945 hatten die Bunker-Bewohner Sehnsucht nach Sonne, Licht und frischer Luft. Die Menschen sammelten sich vor dem Bunker, einige spielten Akkordeon und Gitarre, heißt es im Zeitzeugenbericht von Ruth Willigalla. Auf einmal war ein „riesengroßer grellweißer Blitz“ zu sehen. Granatbeschuss von den Amerikanern, die bereits nach Oberkassel vorgerückt waren und das offenbar ohne jede Vorwarnung. Ein damals sechsjähriger Junge verlor seinen Arm, einem 15-jährigen Mädchen wurde das linke Bein abgerissen. Insgesamt 22 Menschen starben – viele von ihnen waren Kinder und Jugendliche. Der Bürger- und Heimatverein hat immer wieder an die Opfer erinnert.

Vielleicht erinnert sich auch der Investor, der den Bunker bald zu einem Wohngebäude umbaut, an jene schicksalshaften Tage im März 1945. Die Pläne des Investors klingen wirklich gut. Neben den 24 Wohnungen soll es eine Kindergartengruppe innerhalb des Gebäudekomplexes geben. Dazu ein Bio-Supermarkt und ein Bio-Imbiss. Von Außen wird nichts mehr an das hässliche graue Ding erinnern. Aber irgendwie ist er ja immer noch da.

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