Gastronomie in Düsseldorf Die Kellner-Krise

Düsseldorf · Nene Nooji sucht seit sechs Monaten Personal für sein Restaurant im Tanzhaus. Zehn Leute fehlen, und kein Lockmittel scheint zu helfen. Selbst eine Belohnungsreise und übertarifliche Bezahlung für neue Mitarbeiter brachten nichts.

 Nene Nooji in seinem Lokal in der Tanzhalle an der Erkrather Straße.

Nene Nooji in seinem Lokal in der Tanzhalle an der Erkrather Straße.

Foto: Andreas Bretz

Nene Nooji sucht seit sechs Monaten Personal für sein Restaurant im Düsseldorfer Tanzhaus. Zehn Leute fehlen, und kein Lockmittel scheint zu helfen. Selbst eine Belohnungsreise und übertarifliche Bezahlung für neue Mitarbeiter brachten nichts.

Allgemein ist das Wort vom Fachkräftemangel ein geflügeltes. Benutzt wird es von Ökonomen und gerne auch von IHK-Chefs. Doch es bleibt ein abstrakter Begriff. Über die Jahre könnte man meinen, es sei so wie mit dem Waldsterben in den 1980ern. Alle schieben Panik, aber eigentlich passiert nicht viel. Nene Nooji weiß inzwischen, dass der Personalmangel in Düsseldorf anders als das Waldsterben kein "Märchen" der Statistiker mehr ist.

Vor einem Jahr zog Nene Nooji von seinem angestammten Standort in Flingern in sein neues Quartier im Tanzhaus an der Erkrather Straße. Er vergrößerte die Fläche erheblich von einst 160 auf heute 400 Quadratmeter Gastronomie. Entsprechend stieg auch der Bedarf an Personal. Im Herbst 2017 nach der Eröffnung, also vor etwa sechs Monaten, begann Nooij mit der Arbeitskräftesuche. 40 Leute beschäftigt er, davon 15 in Vollzeit.

Nooij suchte zusätzlich drei Baristas, also Fachkellner für Kaffee, drei Auszubildende und drei Vollzeit-Kellner. Zunächst versuchte er es bei der Agentur für Arbeit. Doch das brachte keinen Erfolg. "Jede Woche aktualisiere ich die Stellensuche bei der Agentur, damit mein Gesuch weit oben steht, der Erfolg blieb bislang aus", sagt der Gastronom, der seit 19 Jahren tätig ist.

Einen zweiten Schritt auf der Kellnersuche machte Nooij im Internet. Auf seiner Facebookseite und bei Instagram trommelte Nooji für sich als guten Arbeitgeber. Bislang vergebens. Niemand meldete sich. "Auch Stellenanzeigen in diversen Printmedien und Internetplattformen blieben wirkungslos", berichtet der Gastronom.

Also griff Nene Nooji zu einem ungewöhnlichen Mittel. "Wir warben damit, jemandem, der bei uns als Kellner oder Lehrling anfängt und uns treu bleibt, nach einem Jahr einen einwöchigen Urlaub zu schenken, als Belohnung etwa in Holland", sagt Nooji. Auch diese kuriose Werbemaßnahme brachte nichts.

Arbeitsbedingungen vergleichsweise komfortabel

Liegt es an unangenehmen Arbeitszeiten? Bei Nooji gibt es zwei Schichten. Die erste von 9.30 bis 17.30 Uhr - eigentlich Arbeitszeiten, die nah dran sind am "Nine-to-Five-Job". Die Spätschicht geht von 17 bis 24 Uhr, aber auch das nur an den Wochenenden, unter der Woche ist um 22 Uhr Schluss, im Gastronomie-Vergleich eigentlich noch komfortabel.

Liegt es an der Bezahlung? Anders als viele Düsseldorfer Unternehmen zahlt Nooji nicht nur nach Tarif, sondern legt sogar individuell noch etwas drauf, zahlt also übertariflich.

Liegt es an den Urlaubszeiten? In den Sommerferien gibt es fünf bis sechs Wochen Betriebsferien. Geschlossen ist auch vom 20. Dezember bis zum 10. Januar, so dass Mitarbeiter Weihnachten und Silvester zuhause oder im Skigebiet verbringen können. Könnte natürlich sein, dass die Betriebsferien potenziellen Bewerbern zu starr sind. Aber auch da kann Nene Nooji kontern. Denn für die Werksferien müssten die Mitarbeiter nicht ihren Urlaub nehmen, sondern könnten alternativ Überstunden abbauen, anstatt sie sich - wie bei Nooji auch üblich - auszahlen zu lassen.

Der Gastronom wirkt resigniert. Er glaubt, dass sich junge Leute in den vergangenen Jahren interessenstechnisch komplett umorientiert haben. "Die Lebenswirklichkeit der Menschen dreht sich nur noch um die Freizeit, die Arbeit hat offensichtlich an Stellenwert verloren", meint Nooji und macht das auch an den vielen Veröffentlichungen der Nutzer bei Facebook fest. Da würden heute nur Freizeitaktivitäten oder Urlaubserlebnisse geteilt. Die Arbeit als Identifikationsstiftung oder Statussymbol habe weitgehend ausgedient.

Fachkräftemangel trifft die Gastro-Branche hart

IHK Studie Eine Umfrage der IHK hat ergeben, dass im Gastgewerbe fast die Hälfte der Unternehmen (49 Prozent) derzeit keine passenden Arbeitskräfte für offene Stellen findet. Damit hat sich die Situation stark verschlechtert: Im Vorjahr waren es nur knapp ein Viertel der Unternehmen (24,2 Prozent).

Die Sorge um Fachkräftemangel ist vom dritten auf den ersten Platz der größten Probleme gerückt.

(tb)
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