Düsseldorf "Wallenstein" ohne große Gesten

Düsseldorf · Der Weimarer Intendant Hasko Weber stellt seine Inszenierung von Schillers Trilogie mit Dominique Horwitz in der Hauptrolle in Düsseldorf vor. Das Publikum muss fast fünf Stunden ausharren, wird aber mit hoher Sprachkunst belohnt.

 Dominique Horwitz als Wallenstein in der Inszenierung von Hasko Weber, die im Schauspielhaus zu sehen ist.

Dominique Horwitz als Wallenstein in der Inszenierung von Hasko Weber, die im Schauspielhaus zu sehen ist.

Foto: Matthias Horn

Trotzig schleudert es der Feldherr hervor, das Ende ist bereits nahe: "Die Sterne lügen nicht!" Seltsam, dass der vermeintlich große Mann so abergläubisch ist, aber vielleicht nicht überraschend. Denn es ist eine zentrale These Schillers, die er in seiner "Wallenstein"-Trilogie veranschaulicht: Das Geheimnis, das diese "großen Männer" umgibt, diese Kriegsherren, Ober-Soldaten, Ränkeschmiede, ist vielleicht gar keines, oder es ist nur ein Vakuum. Vielleicht hat deshalb schon Hegel dem Stück einen Mangel an "höherer Vernünftigkeit" vorgeworfen, und vielleicht ist es eben deshalb das Verdienst des Weimarer Intendanten Hasko Weber, dass er diesen düsteren Aspekt betont.

Die Titelrolle hat er Dominique Horwitz übergeben, und der macht etwas sehr Kluges mit seiner Figur: Er lässt ihr das Vakuum, er spielt nicht erklärend, sondern sezierend, sucht über die Präzision der Sprache zu ergründen, wie der Fall vom Helden zum Verräter stattfindet. Immer vor dem Hintergrund: Vielleicht war da nie ein Held.

Für diese Herangehensweise gilt es jedoch einen nicht geringen Preis zu zahlen. Webers "Wallenstein" mangelt es schlicht an Theatralik, das Publikum im nicht ausverkauften Schauspielhaus muss sich fast fünf Stunden (inklusive zweier Pausen) mit fast durchgehend klassischem Sprechtheater auseinandersetzen. "Wallensteins Lager", "Die Piccolomini", "Wallensteins Tod" - auch in gestraffter Form braucht die Trilogie ihre Zeit.

Wer sich darauf einlässt, kann dafür in den Schillerschen Sprachschatz eintauchen, darf erkennen, wie manches in die Umgangssprache eingegangen ist: die Pappenheimer oder der Satz "Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort". Die Jugend, im Stück verkörpert durch den idealistischen Max (beeindruckend; Tobias Schormann), wird von den Alten ausgenutzt, ihre Hingabe ist lediglich Mittel zum Zweck, und der heißt Macht.

Der Rest des Ensembles hat es schwer, im Dickicht der Handlung zu bestehen. Sebastian Kowski als Buttler kann seine Skrupel glaubhaft machen, und doch wird er zum Mörder Wallensteins. Das offene Bühnenbild (Thilo Reuter) mit seinen Rampen, Treppen und einem eisernen Vorhang verdeutlicht die Dialogstruktur, die Audienzen, die Geheimgespräche.

Sven Helbigs Musik sorgt mit industriellen Lärmpassagen für die dramatischen Akzente. Und vermisst man diese Dramatik auch im Spiel, so kann man sich doch dem Sog der Sprache hingeben, erfährt einiges über die Verführung durch Macht - und tauscht am Ende die "höhere Vernunft" vielleicht nicht gern, aber einsichtig gegen die pessimistische Sicht der Kriegs-Welt.

(RP)
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