Düsseldorf Düsseldorfer erforschen Gedächtnisverlust

Düsseldorf · Wissenschaftler am Institut für Physiologische Psychologie haben einen Mechanismus im Gehirn gefunden, durch den nachlassende Fähigkeiten wieder aktiviert werden können.

 Angelica de Souza Silva vom Institut für Physiologische Psychologie im Labor der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität.

Angelica de Souza Silva vom Institut für Physiologische Psychologie im Labor der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität.

Foto: Andreas Endermann

So klingt Zukunft: Wissenschaftlern der Düsseldorfer Uni ist es gelungen, einen Mechanismus im Gehirn zu finden, der die Gedächtnisleistungen im Alter verbessert. Das könnte in Zukunft einen entscheidenden Einfluss bei der Behandlung von Alzheimer-Patienten haben. Bisher war es kaum möglich, den Verlust der Gedächtnis-Leistung aufzuhalten oder gar wieder zu verbessern. Angelica de Souza Silva vom Institut für Physiologische Psychologie: "Das Verfahren eröffnet neue Möglichkeiten für Diagnose und Therapie."

An dieser Nachricht führt kein Weg vorbei: Das Gehirn altert, seine Leistung nimmt mit den Jahren ab – ein ganz normaler Prozess. Das komplexeste Organ des Menschen besteht aus Milliarden von Nervenzellen (Neuronen). Die sind durch Fasern dicht vernetzt, damit Informationen – das kann ein Gedanke, eine Empfindung, eine Erinnerung sein – zwischen den Nervenzellen transportiert werden können. Dass dieser Austausch möglich ist, dafür sogen Botenstoffe. Angelica de Souza Silva: "Bei einer Alzheimer-Erkrankung dünnt dieses Nervengeflecht immer weiter aus, die Neuronen und ihre Kontaktstellen sterben ab." Der Transport von Informationen gerät in eine Sackgasse.

In einem Forschungsverbund mit den Universitäten Erlangen und Bonn ist es dem Düsseldorfer Team nun gelungen, diese im Alter nachlassende Funktion der Botenstoffe durch einen medizinischen Wirkstoff künstlich zu stimulieren und somit den Transport zwischen den Nervenzellen wieder neu zu beleben. "Was wir tun ist Grundlagenforschung, aber das Ziel ist natürlich, dass aufgrund dieser Basis irgendwann neuartige Medikamente entwickelt werden."

Dass das Verfahren funktioniert, haben Versuche mit Ratten unter anderem in einem Wasser-Labyrinth bestätigt. Dabei versenkten die Forscher, für ihre Versuchstiere unsichtbar, eine Plattform unter einer Teich-Oberfläche. Die Ratten stießen, nachdem sie eine Weile herumgeschwommen waren, zufällig auf den festen Untergrund. Bei einem nächsten Versuch erinnerten sich junge Ratten ganz genau daran, wo die Plattform war und schwammen sofort auf diese Stelle zu. Alte Ratten hatten meist Schwierigkeiten mit der Orientierung. Nachdem allerdings die Botenstoffe in ihren Gehirnen durch die medizinische Substanz angeregt worden waren, klappte das deutlich besser mit der Erinnerung an das rettende Land. Ob sich dadurch Rückschlüsse auf das menschliche Gehirn ziehen lassen, ist für die Wissenschaftler keine Frage. "Die Gene der Ratten sind zu über 90 Prozent identisch mit denen des Menschen."

Aufgrund dieser Tierversuche identifizierte die Arbeitsgruppe auch ein Gen, das offenbar für den Gedächtnisverlust dementer Patienten verantwortlich ist. Ob ein Mensch überhaupt jemals an einer Demenzerkrankung wie Alzheimer leiden wird, das liegt, so Angelica de Souza Silva, an vielen Faktoren, letztlich an einem Mix aus Veranlagung und Lebensweise, "denn Ernährung und Bewegung spielen eine wichtige Rolle." Die Entwicklung der speziellen Botenstoffe im Gehirn – so viel steht nach ihrer Einschätzung fest – aber wird genetisch gesteuert. Das erkläre zumindest zum Teil, dass der eine auch im Alter noch ein gutes Gedächtnis hat und andere mit Erinnerungslücken leben müssen.

(RP)
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