Fall um Millionärswitwe Yuri Röhrig Neue DNA-Technik entlarvt Mörder

Düsseldorf · Der Mann, der im Oktober 2000 die Millionärswitwe Yuri Röhrig in ihrer Wohnung erdrosselte und ihr ein paar hundert Mark stahl, ist endlich überführt. Was man ihm damals nicht nachweisen konnte, enthüllten modernste Methoden im Genlabor des Landeskriminalamts.

 Yuri Röhrig ist im Jahr 2000 ermordet worden.

Yuri Röhrig ist im Jahr 2000 ermordet worden.

Foto: Polizei

Dass Marco K. ein Mann ist, hat zu seiner Verhaftung entscheidend beigetragen. Denn die neuartige DNA-Analyse, mit der er im Labor des Landeskriminalamts als Mörder entlarvt wurde, überprüft ausschließlich die Merkmale des männlichen Y-Chromosoms.

Diese Merkmale, kurz DYS, werden von Vätern auf Söhne in identischen Kopien vererbt. Eine Erkenntnis, die vor allem für Ahnenforscher interessant ist, die per DYS-Analyse ganze Stammbäume zurückverfolgen können. Aber auch für Kriminalisten ist das Verfahren bedeutsam. Besonders für Nicola Coenen. Sie war Aktenführerin in der Mordkommission, die seit Oktober 2000 den gewaltsamen Tod der 87 Jahre alten Deutsch-Japanerin Yuri Röhrig untersuchte.

Nicola Coenen hat die Akte seitdem immer im Büro gehabt, regelmäßig die 1500 Seiten durchforstet und nach einer Idee gesucht. Die kam, als sie von dem Fortschritt in der Genanalyse hörte — und von den neuen Geräten, mit denen das Landeskriminalamt 2005 auf den neuesten Stand der Technik gebracht wurde. Sie ließ einige der DNA-Proben, die in der Wohnung der alten Dame sichergestellt worden waren, erneut untersuchen, schickte auch ein paar der alten Beweisstücke ins Labor. Mitte Februar bekam sie Antwort: 14 Treffer. Alle gehören zu Marco K. "Ich hatte es gehofft. Aber dass es dann tatsächlich funktionierte, hat mich sehr erleichtert."

Auch ohne DNA verdächtig

Marco K. war schon drei Wochen nach der Tat verhaftet worden. Der Gelegenheitsarbeiter, der oft bei Bekannten und Arbeitgebern Geld stahl, immer pleite war und einen Teil seiner Schulden ausgerechnet an dem Abend bezahlte, an dem die Millionärswitwe erdrosselt worden war — "er war auch ohne DNA hochgradig verdächtig", sagt Staatsanwalt Ralf Herrenbrück. K., damals 27, hatte lange abgestritten, in der Wohnung der alten Dame gewesen zu sein, gab es erst zu, als die Fahnder ihm das beweisen konnten. Dass Yuri Röhrigs Geldverstecke fast alle unberührt waren und nur das Geld aus dem Schrank fehlte, aus dem sie die Scheine nahm, mit denen sie Marco K. für Aushilfsarbeiten entlohnte, hatte ebenso gegen ihn gesprochen wie seine DNA auf dem Elektrokabel, mit dem die alte Dame erdrosselt worden war.

Trotzdem reichten die Beweise dem damaligen Staatsanwalt Uwe Kessel nicht für eine Anklage. Das Kabel hätte K. auch bei seinen handwerklichen Jobs bei Yuri Röhrig angefasst haben können. Und eine andere Spur "war ziemlich schwach." Nach drei Monaten wurde der Haftbefehl gegen Marco K. außer Vollzug gesetzt, später ganz aufgehoben. K. zog nach Köln.

Und rechnete bei jedem Martinshorn mit der Polizei. Das hat er erzählt, als die Mordkommission ihn am Mittwochmorgen festnahm. "Überrascht war er jedenfalls nicht", sagt Herrenbrück. Der Staatsanwalt will jetzt so schnell wie möglich Anklage erheben. Mord aus Heimtücke und zur Verdeckung eines Diebstahls will er Marco K. nun nachweisen, und dafür hat er jetzt deutlich mehr in der Hand als vor achteinhalb Jahren Uwe Kessel.

Auf der Brille Yuri Röhrigs, auf der Schere, mit der ihr Rattanschrank aufgebrochen wurde, auf ihrem Halstuch, an einem ihrer Fingernägel und auf ihrer Strickjacke hat das LKA-Labor Marco K.s Y-Chromosom nachgewiesen. "Alles Dinge, die er nicht bei seinen Jobs hätte berühren können."

Dass die DYS-Analyse eine nicht ganz so hohe Wahrscheinlichkeit hat wie die klassische DNA — weil K.s direkte männliche Blutsverwandte identische haben — stört Herrenbrück nicht. Das Zusammenspiel der Beweise, meint er , müsste für ein Urteil reichen. Zumal auf dem Rückenteil der Strickjacke, die Yuri Röhrig bei ihrem Tod trug, auch eine "herkömmliche" DNA-Spur gefunden wurde, die beim Stand der Technik im Jahr 2000 noch nicht klar zu identifizieren war. Jetzt ist sie es, weil die neuen Labor-Geräte viel genauer prüfen können. Sie gehört eindeutig Marco K.

Eine weibliche DNA, die unter Yuri Röhrigs Fingernägeln gefunden worden war und die unmittelbar nach Entdeckung der Tat zur Großfahndung nach einer Frau geführt hatte, gilt heute als nicht relevant. "Die Spur kann schon alt gewesen sein, hatte mit der Tat nichts zu tun", sagt Herrenbrück.

Er war es übrigens, der 2002 den Haftbefehl gegen Marco K. endgültig aufheben musste, obwohl damals alle Ermittler von dessen Schuld überzeugt waren. Jetzt bringt er ihn vor Gericht.

(RP)
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