Düsseldorf Zwei Drittel der Unfallfahrer flüchten

Düsseldorf · Rund 6000 Fälle von Fahrerflucht registrierte die Polizei Düsseldorf im vergangenen Jahr, erneut mehr als im Jahr zuvor. Knapp die Hälfte der Fälle wird geklärt. Die Gründe der Täter: Überforderung, Angst - und pure Arroganz.

Düsseldorf: Das sind die Unfallschwerpunkte 2014
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Foto: Gerhard Berger

Zuerst die gute Nachricht: Die meisten Menschen, die einen Autounfall verursachen, bei dem ein anderer verletzt wird, kümmern sich um das Opfer. Das sagt Gundolf de Riese-Meyer, Erster Polizeihauptkommissar, der mit seinem Verkehrsunfallteam jene knapp zehn Prozent dieser Fälle, in denen ein Unfallflüchtiger zu suchen war, bearbeitet.

Düsseldorf: Unfallstatistik 2014
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Foto: Berger

Weit größer ist die Zahl der kleinen und mittleren Schäden, auf denen Unfallopfer sitzenbleiben, weil sich der Schuldige entfernt. Von den rund 9000 Unfällen dieser Kategorie, die in Düsseldorf voriges Jahr registriert wurden, endeten zwei Drittel mit Fahrerflucht. Die Täter - das weiß de Riese-Meyer, weil sein Team knapp die Hälfte dieser Taten klären konnte - kommen aus allen Gesellschaftsschichten und Altersklassen. Sorge bereitet dem Verkehrsexperten die Entwicklung: "Jedes Jahr steigt die Zahl um etwa 100 Fälle, obwohl die Gesamtunfallzahlen ständig sinken."

Eine mögliche Erklärung: Die Autos werden immer größer. Das erhöht das Risiko, beim Ein- und Ausparken den Nachbarwagen anzutitschen. Und das muss im SUV nicht unbedingt bemerkt werden. Je nach Schadenshöhe geht das Unfallteam da aber mit kriminalistischen Methoden ran und kann am Ende sehr genau nachvollziehen, was ein Fahrer gehört, gesehen und gespürt haben muss.

 Frank Weßling (r.) und Carsten Klüttermann bei der Spurensicherung: Die abgeklebte Stelle wird fotografiert, die Folie kommt unters Mikroskop.

Frank Weßling (r.) und Carsten Klüttermann bei der Spurensicherung: Die abgeklebte Stelle wird fotografiert, die Folie kommt unters Mikroskop.

Foto: H.-J. Bauer

Die weitaus häufigeren Ausreden gefasster Unfallflüchtiger: Schock und Überforderung mit der Situation. "Manche verdrängen schlicht, was passiert ist, weil sie es nicht wahrhaben wollen", sagt de Riese-Meyer. Und wieder andere geben sich mehr als arrogant, wenn die Ermittler klingeln: "Ich hatte keine Zeit", "Ich hätte mich schon noch darum gekümmert", "Wissen Sie überhaupt, wer ich bin" - das ist das Repertoire dieser Gruppe. Dieselbe Überheblichkeit registrieren die Ermittler auch bei Fahrern, die nach Unfällen mit verletzten Kindern wegfahren. "Selten ist da Reue oder Anteilnahme zu hören, die meisten geben den Kindern die Schuld." In diesen Fällen haben die Fahrer in der Regel angehalten und ein erschrockenes Kind gefragt, ob es verletzt sei. "Die Kinder sagen meistens nein, die haben ja auch Angst", sagt de Riese-Meyer. "In solchen Fällen davonzufahren, finde ich besonders verwerflich."

Der sinkenden Verkehrsmoral begegnet das VU-Team (siehe nebenstehenden Kasten) mit kriminalistischen Methoden. Sie setzen schon bei kleineren Lackschäden Klebefolien ein, mit denen sie Kontakt mit anderen Lacken, aber auch mit Schmutz oder Kleinsttieren nachweisen können. "Das ist auch schonender, als eine Lackprobe abzuschaben wie früher - das hat den Schaden nämlich noch vergrößert", sagt de Riese-Meyer. Mit den Folien, die am digitalen Schnittmikroskop verglichen werden, kann übrigens auch nachgewiesen werden, wer am Steuer gesessen hat.

Das sind die Unfallschwerpunkte 2013 in Düsseldorf
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Foto: Andreas Bretz

Damit enttarnen die Fahnder auch die Lügner. Das sind die geschätzten zehn Prozent der Fahrer, die einen Schaden anzeigen, den sie selbst verursacht habe. Wenn's ein Leasingauto oder ein Firmenwagen ist, neigten manche Fahrer dazu, aus dem Patzer auf dem Parkplatz eine Unfallflucht zu machen, berichtet de Riese-Meyer. "Mit Hilfe der Klebefolien können wir ihnen gut nachweisen, dass das unbekannte Auto, dass angeblich ihres gerammt hat, in Wirklichkeit ein Poller war."

(RP)
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