Kolumne Mein Düsseldorf Von der Vorfahrt

Düsseldorf · Als Verkehrsteilnehmer mit Rad, Auto und zu Fuß durch die Stadt

Wanderer mit Hund, Autofahrer, Radfahrer - drei Spezies, von der Natur offenbar dazu verdammt, sich feindlich zu begegnen und dem anderen die Pest an den Hals zu wünschen. Gnade wird selten gewährt, Verständnis untereinander gegen Null tendierend. Kurz: eine Beziehungskiste von Gewicht, nicht leicht zu tragen. Was aber tut derjenige, der alles drei in einem ist? Natürlich nicht gleichzeitig, sondern in zeitlicher Reihenfolge fast täglich?

Morgens geht es los zu Fuß, der Hund nur kurz an der Leine, dann frei laufend, aber aufs Wort (oder vielmehr den Pfiff) hörend. Kein Problem eigentlich, bis - ja bis jene zweirädrigen Fahrzeuge herangesaust kommen, deren Schnelligkeit in der 50er-Zone jeden Blitzer auslösen würde. Die Jungs darauf (fast nie Frauen!) gekleidet wie Aliens: spitz nach hinten zulaufende Helme, spacige Brille, silbrig schimmernde, eng anliegende Körperkondome. Ob sie auch spitze Ohren haben und Sätze sagen "Schnell zur Seite springen du musst!" wissen wir nicht, zu kurz ist diese unheimliche Begegnung der flotten Art. Mal im Ernst gefragt: Wie ist da die Rechtslage?

Das interessiert uns auch deshalb, weil wir am späten Vormittag selbst auf dem Rad unterwegs sind. (Allerdings ohne jedes Yedi-Ritter-Outfit!). Wir erreichen auch nicht annähernd rekordverdächtiges Tempo, aber dennoch hätten wir gern diese ur-deutsche Frage beantwortet: Wer hat Vorfahrt? Bisher haben wir aufkommende Probleme immer großzügig gelöst und vor allem den Fußgängern (inklusive ihrer gern im Weg herum stehenden Hunden) den Vortritt gelassen. Was manchmal, aber längst nicht immer mit einem freundlichen Wort quittiert wird. Sowas steigert jedoch das Verständnis für Radler, bis dann wieder einer dieser Irren auftaucht. Diese Verkehrsteilnehmer scheinen anfällig für gleich mehrere Macken, sobald ihr Hintern den schmalen Sattel berührt und ihre Füße die Pedale. Beispielsweise grassiert unter ihnen eine akut auftretende Form der Farbenblindheit. Oder hab ich womöglich eine Neuregelung der Straßenverkehrsordnung übersehen, nach der nun das Farbenspiel unserer Ampeln für menschgetriebene Zweiräder nicht mehr gilt? Nach grober Schätzung unsererseits ignorieren weit über die Hälfte von ihnen das Rotlicht und nutzen gern den stehenden Verkehr, um mal schnell die Fahrbahn zu wechseln. Nachdem wir aber auch bei uns selbst auf dem Rad diese Farbschwäche diagnostizieren mussten, fühlen wir uns (siehe oben!) noch mehr in einer gleich dreifachen Zwickmühle und fragen uns, was ein solches Verhalten auslöst.

Dass selbst Polizisten nicht immun dagegen sind, haben wir gestern auf der Hansaallee gesehen. Dort waren wir mit dem Auto unterwegs, vor uns auf dem hingepinselten Pseudo-Radweg fuhren zwei Polizisten auf ihren Fahrrädern. Mal davon abgesehen, dass sie nebeneinander bleiben wollten und einer immer wieder in die Fahrbahn geriet, schien auch ihr Farbempfinden gestört: Als eine Ampel vor uns auf gelb sprang, hielten wir angesichts der Ordnungshüter vorsichtshalber an. Was die beiden gar nicht merkten, denn sie fuhren weiter - bei Rot.

(RP)
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