Düsseldorf Wohnen in der Gefängniskirche

Düsseldorf · Eine Gruppe um den Künstler Horst Wackerbarth will in die Ulmer Höh' einziehen. Vor zwei Jahren klang dieser Plan aussichtslos - aber die politischen Zeiten haben sich geändert. Die Chancen für das Wohnprojekt stehen plötzlich gut.

 Die Ulmer Höh aus der Luft (Archivbild)

Die Ulmer Höh aus der Luft (Archivbild)

Foto: Luftbild

Vor zweieinhalb Jahren brachte der Fotokünstler Horst Wackerbarth sein rotes Sofa vor die Ulmer Höh' und lud die Medien ein. Wackerbarth und rund 20 Mitstreiter stellten damals einen Plan vor, der keine Aussicht auf Erfolg zu haben schien: Die Gruppe wollte die ehemalige Kirche in dem Gefängnis für ein Bauprojekt kaufen.

Ihre Idee: Die Mitglieder bauen sich die unteren Etagen zu Wohnungen aus, der Kirchensaal im oberen Teil des Gebäudes wird zum Ausstellungssaal. Auf der roten Couch, die das künstlerische Markenzeichen von Wackerbarth ist, posierte damals eine bunte Gruppe zwischen 20 und 65 Jahren, aus Künstlern, Handwerkern und Büroarbeitern, aus Paaren und Alleinstehenden.

Die Gruppe gibt es noch immer, und auch den Plan mit der Gefängniskirche. Was damals aber nicht abzusehen war: Die Chancen stehen inzwischen gut, dass das Vorhaben Wirklichkeit werden könnte.

Denn die Politik hat in der vergangenen Zeit für diese und andere Baugruppen gearbeitet. Vor zweieinhalb Jahren schien es ausgemacht, dass das Areal der Ulmer Höh' meistbietend an einen Investor verkauft wird. Dann verabschiedete die rot-grüne Landesregierung einen Erlass, der es dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) in bestimmten Fällen erlaubt, Grundstücke ohne Ausschreibung an eine Kommune zu verkaufen - das ist eine Voraussetzung, damit der Kauf für Baugruppen finanzierbar ist. In der Debatte im Landtag galt die Ulmer Höh' als Paradebeispiel für die "innovativen Wohnformen", die die Landesregierung fördern will.

Dann änderten sich auch die Farben im Düsseldorfer Rathaus. Der neue OB Thomas Geisel (SPD) versprach im Wahlkampf, dass die Stadt sich dafür stark machen wird, dass auf dem neuen Areal nicht nur Luxuswohnen entstehen wird, sondern eine soziale Durchmischung ermöglicht wird.

Für die will auch die Kirchengefängnis-Gruppe sorgen. Sie will in dem Gebäude auch Platz dafür schaffen, dass rund zehn Personen mit Wohnberechtigungsschein zur Miete einziehen können, am liebsten Künstler. Wackerbarth sieht auch weiteren gesellschaftlichen Nutzen in dem Bauprojekt: Jung und Alt wohnen unter einem Dach zusammen und helfen einander, außerdem bleibe das historische Gebäude erhalten und als Ausstellungssaal für die Öffentlichkeit zugänglich. "Wir sind die Einzigen, die die bewegte Geschichte des Gefängnisses würdigen", sagt Wackerbarth.

Nicht nur die Baugruppe wartet gespannt, wie es mit der Ulmer Höh' weitergeht. Die Zukunft dieses Areals ist eine der wichtigsten Entwicklungsfragen der Stadt. Der Umzug der Fachhochschule nach Derendorf und Projekte wie die Unternehmerstadt sorgen längst für steigende Attraktivität des Stadtteils. In der Gestaltung des 4,5 Hektar großen Areals hat die Kommunalpolitik die Möglichkeit, die Entwicklung mitzuprägen. Geisel hat nun angekündigt, noch in diesem Jahr ein Treffen mit den Spitzen des BLB anzusetzen.

Ob das Wohnen in der Gefängniskirche klappt, ist trotz aller positiven Signale noch nicht entschieden. Die Gruppe muss noch einige Finanzierungsfragen klären, insbesondere was den Ausstellungssaal angeht, für den man auf weitere Partner hofft. Auch das Okay von Stadt und Land fehlt noch. Wackerbarth ist optimistisch. "Ich hoffe, wir können das Gebäude im nächsten Jahr kaufen", sagt er. "Vielleicht können wir jetzt die Gunst der Stunde nutzen."

(RP)
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