Fotos Loveparade: Das sagen Duisburger Persönlichkeiten
Das Image Duisburgs ist nach außen schlecht, nach der Loveparade ganz schlecht. Ist die veröffentlichte Meinungaber auch tatsächlich die öffentliche Meinung? Prominente Duisburger vertreten da oft eine ganz andere Auffassung – aber nicht laut. Eine Umfrage.
Walter Hellmich Der Unternehmer und langjährige MSV-Chef hält ein vehementes Plädoyer für seine Stadt: „Es hat sich so viel getan – im Stadtbild, in der Kultur, im Sport, in der Wirtschaft, in der Logistik. Dann kam die Loveparade, und alle fallen übereinander her, anstatt zusammenzustehen. Vielen fehlt einfach die Zivilcourage – weil die anderen lauter schreien. Das geht so nicht. Das können wir nicht zulassen. Auch ich hatte bisher nicht den Mut, diese Meinung offen nach außen zu tragen.“
„Dies ist nicht die Stadt, die nur aus Versagern besteht“, sagt auch Axel Funke, Chef von Multi Development Germany. Die Stadt habe sich in der Vergangenheit gravierend geändert – zum Positiven. „Ich stand einst auch in einer Menschenkette für den Erhalt des Bergbaus. Heute weiß ich: Das war falsch. Das war völlig falsch, weil der Blick nach hinten ging anstatt nach vorn“, so Funke. „Die Stadt hat sich seit der Loveparade doch nicht um 180 Grad gedreht. Die Aufarbeitung der Loveparade muss man abkoppeln von der Weiterentwicklung Duisburgs. In 20 Jahren ist die Universität vielleicht ein wichtigerer Standortfaktor für Duisburg als Thyssen Krupp.“
Prof. Dr. Ulrich Radtke gilt als überzeugter Verfechter des Standorts Duisburg. „Wir rekrutieren auch überregional viele Mitarbeiter für die Uni. Viele kommen gern – wohnen will aber kaum jemand in Duisburg. Die Zeit schrieb kürzlich, dass die Universität Duisburg-Essen einen enormen Schritt nach vorne gemacht habe. Auch das neue Stipendienprogramm hat dazu beigetragen, dass die Uni deutschlandweit Anerkennung gefunden hat“, erklärt Radtke. Das Problem sei, dass viele positive Dinge einfach nicht mit der Stadt verbunden würden und immer nur das Negative Erwähnung fände.
Am vehementesten setzt sich Stadtdirektor Dr. Peter Greulich für eine andere öffentliche Wahrnehmung ein. „Duisburg ist nicht gelähmt und muss auch nicht aus einer Schockstarre befreit werden. Das ist einfach nicht wahr. Es gibt ganz viele wichtige und große Projekte, die in der Stadt laufen. Hier tut sich viel, und daran ändert sich auch nichts, wenn zwei Handvoll Menschen eine schlechte Stimmung in der Stadt verbreiten. Sie sprechen nicht für die Mehrheit.“ Auch vom Abwahlverfahren hält Greulich nichts: „Es wird immer die Übernahme politischer Verantwortung gefordert. Das setzt aber erst mal eine Schuld voraus. Und die Schuldfrage ist ja noch längst nicht geklärt.“
Andreas Vanek, Sprecher der Sparkasse Duisburg, ist beruflich häufig in ganz Deutschland unterwegs. „Die externe Wahrnehmung der Stadt ist völlig anders als die interne. In Hamburg oder München bin ich noch nie auf die Loveparade angesprochen worden. Viel schlimmer ist, dass gefühlte 60 bis 70 Prozent gar nicht wissen, wo Duisburg eigentlich ist. Man kann schon sagen, dass die Duisburger einfach viel zu kritisch mit ihrer Stadt umgehen.“
Prof. Raimund Stecker, Leiter des Wilhelm Lehmbruck Museums, so. „Wir können doch machen, was wir wollen – es dringt nicht nach draußen. Die Art und Weise, wie jetzt Menschen durchs Dorf getrieben werden, das ist tiefstes Mittelalter.“ Zudem mangele es den Duisburgern an Selbstvertrauen. „Bei der Katastrophe im Heysel-Stadion in Brüssel 1985 kamen 39 Menschen ums Leben. Niemand käme auf die Idee, Brüssel auf das Unglück zu reduzieren. In Duisburg passiert aber gerade genau das: Wir sind die Stadt der Loveparade – und sonst nichts. Dass wir zuvor auch Hafen der Kulturhauptstadt waren und uns zehn Jahre später im Ruhrgebiet als Green City bewerben, nimmt einfach niemand zur Kenntnis.“
„Der Sündenbock stand von vornherein fest“, sagte Stadtdechant Bernhard Lücking, „damit war die Schuldfrage scheinbar beantwortet. Bei vielen Unglücken sonst kamen immer die Fragen: Wo war Gott? Wie konnte er so etwas zulassen? Diese Fragen wurden diesmal überhaupt nicht gestellt. Schon vom ersten Tag an war der vermeintlich Schuldige ausgemacht.“ Dabei habe gerade auch die Notfallseelsorge unendlich viel geleistet: „Duisburg hat ein gewaltiges Potenzial an Menschlichkeit und Solidarität unter Beweis gestellt. Das wird aber, wie mir scheint, zu wenig gewürdigt.“