Duisburg Neues Wohnen in der Gemeinschaft

Duisburg · Bei einem Infotag unter dem Motto "Gemeinsam bauen und wohnen in Duisburg" in der Volkshochschule erklärten Experten und Menschen, die bereits Wohnprojekte planen, von ihren Erfahrungen und gaben Tipps.

 Beim Aktionstag hatten verschiedene Interessengruppen die Gelegenheit, sich zu präsentieren und für ihre Wohnideen Interessenten zu finden.

Beim Aktionstag hatten verschiedene Interessengruppen die Gelegenheit, sich zu präsentieren und für ihre Wohnideen Interessenten zu finden.

Foto: christoph reichwein

Ulrich Varwig will es noch einmal wagen. Vor einigen Jahren hat er sich mit einer Gruppe weiterer Duisburger zwischen 50 und 65 Jahre überlegt, dass man gemeinsam wohnen will. Nicht innerhalb einer Wohnung, sondern in verschiedenen Einheiten, die aber zusammengehören. "Der Eingangsbereich soll später einmal aussehen wie ein Café oder eine Hotellobby. Dort sollen Zeitungen und Bücher ausliegen, es soll Sitzmöglichkeiten und eine Theke geben und sicher auch eine Kaffeemaschine", sagt Varwig. Nur für die Bewohner ist dieser Gemeinschaftsraum reserviert, aber Varwig stellt es sich so vor, "dass immer jemand dort sitzt, der Ankommende begrüßt oder Gehende verabschiedet".

Ulrich Varwig gehört zur "Gemeinsam leben GbR", einer Gruppe, die im Dellviertel eine gemeinsame Wohnanlage errichten will. Errichtet wird der Bau im Investorenmodell durch die städtische Baugesellschaft Gebag. Das bedeutet, die Bewohner zahlen der Gebag anschließend Miete für ihren Wohnraum. Das Grundstück an der Reitbahn im Dellviertel hat sich die Gruppe ausgesucht, um in Stadtnähe zu wohnen und Einkaufsmöglichkeiten und kulturelle Angebote leicht wahrnehmen zu können.

Einziehen wollen die Mieter im Frühjahr 2016. "Es ist ideal, wenn die Bewohner von Anfang an mit in die Planung einbezogen werden", sagt Sabine Matzke von der WohnBund-Beratung NRW. So sei beispielsweise in Bonn ein Projekt entstanden, in dessen Umfeld auch ein ambulanter Pflegedienst untergekommen ist. Vor allem beim Mehrgenerationenwohnen müssten die unterschiedlichen Bedürfnisse beachtet werden. Familien mit Kindern legten Wert auf die Nähe zu Schulen und Kindergärten.

"Wichtig ist älteren Menschen vor allem eins: Sie wollen weiterhin eine Rolle haben im Leben, eine Aufgabe", berichtet Matzke. Für den Anfang der Planungen des gemeinsamen Wohnens empfiehlt sie eine Kerngruppe von etwa sechs Personen, die ein Grobkonzept erstellen.

Auch Rolf Lückmann, Finanzberater bei der LKM rät dazu, sich in der ersten Phase über gewisse Standards zu einigen, die die Gruppe für nötig hält. "Auf diese Weise muss man nicht immer wieder Grundsatzdiskussionen führen", meint Lückmann. "Außerdem ist es leichter, Mitstreiter zu finden, wenn bereits ein Grundstück vorhanden ist." Die LKM entwickelt gemeinsam mit der Gebag das Projekt "Gemeinsam leben".

500 bis 600 Euro müsse die Gruppe für eine gute Vorbereitung nach seiner Erfahrung schon in die Hand nehmen. Erst danach werde die Sache verbindlicher, solle eine Rechtsform gefunden werden. Zum Beispiel können die zukünftigen Nachbarn eine sogenannte PlanungsGbR gründen. Die GbR kann Konten eröffnen, eine Geschäftsführung bestimmen und Mitgliedsbeiträge festsetzen.

Eine Genossenschaft lohnt sich nach Lückmanns Ansicht erst ab einer Gruppengröße von mindestens sieben bis acht Personen. Ansonsten sei der Aufwand zu groß. Auch plädiert er für eine frühe Einbeziehung der künftigen Bewohner. "Es hat sich herausgestellt, dass Wünsche mit geringerer Wohnfläche realisierbar sind, wenn die Bewohner bei den Plänen mitreden können." Das wirke sich dann auch positiv auf die später zu zahlende Miete aus. Fazit: "Man braucht etwa ein bis anderthalb Jahre, um sich zu organisieren", sagt Lückmann. Das liege unter anderem daran, dass häufig lange auf eine Baugenehmigung gewartet werden müsse.

Dennoch verwirklichen sich immer mehr Gruppen den Wunsch nach einer lebendigen Nachbarschaft, in der sich dennoch jeder zurückziehen kann. Ulrich Varwig drückt das Anliegen so aus: "Wir wollen die Kommunikation fördern, und die Architektur soll uns dabei helfen."

(RP)
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