Reeser Bildergeschichten (Teil 2) Die historische Pumpe im Wohnzimmer

Emmerich · Der 83-jährige Erwin Roos hat miterlebt, wie die Stadt nach und nach mit einer Kanalisation ausgestattet wurde.

 Der 83-jährige Erwin Roos vor dem Ölgemälde, das Reeser Bürger beim Wasserholen zeigt.

Der 83-jährige Erwin Roos vor dem Ölgemälde, das Reeser Bürger beim Wasserholen zeigt.

Foto: Scholten

REES Wenn bald die Baufahrzeuge vom Marktplatz abrücken, erstrahlt die alte Pumpe in neuem Glanz. Erwin Roos wohnt zwar in der Sauerbruchstraße und nicht am Markt, hat die Pumpe aber trotzdem jeden Tag im Blick. Im Wohnzimmer des 83-Jährigen hängt ein großes Ölgemälde, das Reeser Bürger beim Wasserholen zeigt. Es stammt von Willi Angenendt, der von 1910 bis 1992 lebte und mit Vorliebe Reeser Stadtmotive und den Niederrhein malte.

Erwin Roos wurde am 30. Dezember 1931 in der Reeser Oberstadt geboren und kann sich noch an viele Details aus seiner Kindheit und Jugend erinnern. "Die Pumpe am Reeser Markt war in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg aber schon außer Betrieb", sagt Erwin Roos. "In den 30er Jahren wurde damit begonnen, Kanäle zu legen, deshalb mussten die Menschen am Markt nicht mehr bis zur Pumpe laufen."

In anderen Bereichen der Stadt waren die Pumpen aber weiterhin wichtig. "Ich wurde oft in die Wasserstraße geschickt, um an der Pumpe, die knapp 70 Meter von unserem Haus weg war, Wasser für meine Familie zu holen", erinnert sich Roos. Gern hielt er dort ein Schwätzchen mit anderen Wartenden, ohnehin wurde das Miteinander groß geschrieben, weshalb auch die Pumpengemeinschaften gegründet wurden, die bis heute ihre Pumpenkirmes feiern.

"In der Oberstadt bekamen wir erst kurz vor dem Zweiten Weltkrieg eine Kanalisation", sagt Erwin Roos. "Die Ausschachtungen erfolgten von Hand, einen Bagger sah man dabei nicht. Die schweren Betonrohre wurden mit Hilfe eines Dreibocks, an dem eine Rolle, eine Kette und eine Kurbel waren, nach unten gelassen." Für den Hausanschluss waren die Eigentürmer verantwortlich. "Unser Haus gehörte unserer Oma, die das nötige Geld nicht aufbringen konnte", sagt Roos. "Es war ja nicht allein mit dem Anschluss getan, es hätten auch innerhalb des Hauses Umbauten vorgenommen werden müssen. Also blieb es erst einmal beim Plumpsklo, das im hinteren Teil des Hauses stand. Wenn die Leerung der Güllekammer anstand, mussten Schläuche durch den ganzen Hausflur gelegt werden, um abpumpen zu können. Danach stank das ganze Haus eine Woche lang. Meine Mutter griff dann zur Duftflasche und sprühte, was das Zeug hielt."

Das Ölgemälde von Willi Angenendt erinnert Erwin Roos an eine harte, aber schöne Zeit im Rees der Vorkriegszeit. Neben der Pumpe sind auch das Haus der Bäckerei Terhorst und die frühere Gaststätte Franken zu sehen.

Den Maler Angenendt, von dem er vier Bilder in seinem Wohnzimmer hängen hat, kannte Erwin Roos nur flüchtig. "Er wohnte mit seiner Frau Maria am Melatenweg und hatte sein Atelier hinter dem Wohnhaus."

Angenendts Enkel Holger Hagedorn ist heute ebenfalls Künstler. Er verbrachte oft die Ferien bei seinen Großeltern in Rees. Bei einer Ausstellung im Reeser Stadtmuseum erklärte er vor zwei Jahren, sein Opa habe ihm vieles beigebracht, zum Beispiel wie man beim Malen Kremserweiß einsetzt oder wie man bestimmte Lichtwirkungen erzielt. So wie auch beim Bild der historischen Pumpe.

(RP)
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