Rees "Ich habe ein intensives Leben geführt"

Rees · Heute wird Magda Dresen 80 Jahre alt. Die bekannte Reeserin führte mit ihren verstorbenen Ehemann Auwi das Rheinhotel und die "Fährstube" - das heimliche Rathaus der Stadt. Die Menschen schätzen ihre humorvolle Art.

Rees: "Ich habe ein intensives Leben geführt"
Foto: Michael Scholten

Magda Dresen wird am heutigen Freitag 80 Jahre alt. Die Jubilarin, die das traditionsreiche Rheinhotel Dresen seit dem Tod ihres Mannes Auwi im Jahr 2003 allein betreibt, blickt zufrieden zurück: "Ich habe ein intensives Leben geführt."

Am 20. Januar 1937 begann dieses Leben bereits sehr intensiv: Die Hebammen im Halderner Krankenhaus mussten den Reeser Chefarzt Dr. Gustav Schaeling einbestellen, um einen Kaiserschnitt - vor 80 Jahren ein seltener Eingriff - vornehmen zu lassen. Im August desselben Jahres zogen die Eltern, Heinrich und Maria Pumpe, mit der Tochter von Töven nach Flüren und eröffneten dort einen Tante-Emma-Laden.

Bald darauf brach der Zweite Weltkrieg aus, im Haus wurden gegen Kriegsende zwölf deutsche Soldaten einquartiert, während der Vater in Frankreich und in Ostdeutschland stationiert war. "Ich sehe mich noch als kleines, blondes Mädchen mit den Soldaten am Rhein stehen, als dort die Weseler Eisenbahnbrücke gesprengt wurde", sagt Magda Dresen. Als Wesel bombardiert wurde, flogen Fetzen und Staub bis nach Flüren, auch die alliierten Fallschirmspringer und Lastensegler beim Rheinübergang haben sich in Magda Dresens Erinnerungen eingebrannt. Die Mutter verteidigte das Haus durch weiße Taschentücher als Friedensfahnen in den Fenstern, aber auch durch den Appell an die einquartierten Wehrmachtssoldaten, von ihrem Haus aus kein Feuergefecht mit den Alliierten zu starten.

Das Haus und der Laden blieben erhalten. Die Tochter sollte im elterlichen Geschäft ihre kaufmännische Ausbildung absolvieren, wechselte von der Flürener "Zwergschule" zum Mädcheninternat in Stadtlohn und später zur Berufsschule. Durch den Jägerball im Reeser Hotel Holzum lernte sie ihre künftigen Mann Auwi Dresen kennen. Der baute gerade mit seiner Mutter Fine das ausgebombte Rheinhotel wieder auf. 1957 wurde geheiratet, in den folgenden Jahrzehnten wurde Magda Dresen zur vielleicht wichtigsten Säule des Hotels und der angeschlossenen Gastronomie.

Sie brachte sich selbst das Kochen bei, bereitete das Frühstück vor, backte die Kuchen fürs Café und zog die Kinder Josie und Heiner groß. "Ich wollte gut sein", antwortet sie diplomatisch auf die Frage, ob das Leben entbehrungsreich war. Doch sie blickt auch mit Freude auf "furchtbar viel Spaß" in der Fährstube zurück, dem heimlichen Rathaus der Stadt. Die Reeser Politiker waren dort Dauergäste, selbst Bundespräsident Heinrich Lübke war bei Dresen zu Gast, als er 1967 die Rheinbrücke einweihte. Magda Dresen denkt aber auch gern an weniger bekannte Gäste zurück, wie etwa den Bildhauer Ulrich Henn, der 1970 das Bronzeportal der Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt schuf und vis-à-vis bei Dresen wohnte.

Das Verhältnis zu den anderen Reeser Gastronomen und Hoteliers war hervorragend. "Wenn ich keine Tomaten mehr hatte und Robert Tillmann anrief, sagte der: ,Ich habe auch nur noch eine, aber die schneide ich durch'."

Die gute Laune war willkommener Ersatz für die nie vorhandene Freizeit: Urlaub konnte Magda Dresen nur selten machen, Zeit blieb allenfalls für Fachseminare wie "Die Frau im Betrieb" in Liechtenstein. 1959 wurde sie Adalbert "Atta" Schwärs Königin bei den Bürgerschützen, Jahre später auch "Königin aller Königinnen". Ansonsten beschränkt sich ihr Vereinsleben auf die Tradition, den Reeser Faustballerinnen in der Adventszeit Bratäpfel zuzubereiten, sowie ihr Engagement für die Geistliche Musik an St. Mariä Himmelfahrt.

In zwei Jahren feiert das Rheinhotel Dresen 100-jähriges Bestehen. "Dieses Jubiläum möchte ich gern noch erleben", sagt Magda Dresen, die viele Vormittage an der Rezeption des Traditionshauses sitzt und auf den Markt, das Rathaus und die Pfarrkirche schaut. Die Gastronomie ist seit über 20 Jahren an Ludger Rösen verpachtet, beim Hotelbetrieb helfen ihr die Angestellten.

Aber auch mit 80 denkt Magda Dresen noch lange nicht ans Aufhören, Sie ist für Stammgäste und neue Rees-Besucher da und heißt sie mit ihrer Gastfreundschaft und ihrem unverwechselbaren Humor willkommen. "Ich danke meinen Eltern, dass sie mich nicht erzogen haben", resümiert Magda Dresen lächelnd. "Sie haben mich einfach machen lassen" - und damit ist sie 80 Jahre lang gut gefahren...

(RP)
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