Erkrath Vize-Bürgermeisterin ist ein Meisje

Erkrath · Sabine Lahnstein ist nach Jahrzehnten in den Niederlanden nach Erkrath zurückgekehrt. Die SPD ist Familientradition.

So ganz angekommen ist Sabine Lahnstein in Erkrath noch nicht. Auf dem Gutshof in Bruchhausen zeugt noch eine Ons-Oranje-Fußball-Flagge davon, dass die neue Vizebürgermeisterin während der WM auch der Nationalmannschaft des Nachbarlandes die Daumen gedrückt hat. Und außerdem, verrät sie ein bisschen kleinlaut, habe sie noch die holländische Staatsangehörigkeit. Und zwar ausschließlich die holländische. "Ich muss mir einfach mal viel Zeit nehmen und die ganzen Formalitäten auf mich nehmen, um mich hier wieder einbürgern zu lassen", sagt die stellvertretende Bürgermeisterin der SPD. "Natürlich will ich wieder Deutsche sein."

Nachdem sie einen Holländer geheiratet hatte, ist Sabine Lahnsein für viele Jahre ins Nachbarland in die Nähe von Bergen op Zoom gegangen. Dort hat die gelernte Bürokauffrau zuletzt im Management einer Supermarktkette gearbeitet und zwei Kinder großgezogen: Chantal (heute 31) und Dennis (29). 2002 kehrte sie zurück in die Heimat, um den Betrieb ihres Vaters Volker Lahnstein zu übernehmen. Der macht vor allem Werbeberatung und vertreibt Werbemittel für die SPD und Gewerkschaften. Ein Jahr wohnte Sabine Lahnstein in Hilden, um dann ins sehr idyllische Bruchhausen mitten im Naturschutzgebiet umzusiedeln.

Die Nähe zur sozialdemokratischen Politik wurde ihr quasi vererbt. "Fast die gesamte Verwandtschaft ist in der SPD", sagt sie. Allen voran ihr Onkel Manfred Lahnstein, der übrigens auch mal stellvertretender Bürgermeister in Erkrath war, und kurze Zeit Finanzminister unter Helmut Schmidt. Aber auch die anderen zwei Onkels sowie der Opa, der Erkrather Hausarzt Walter Lahnstein, waren der SPD zugetan.

Nach neun Jahren Parteizugehörigkeit will nun auch Sabine Lahnstein ihre politische Richtung öffentlich vertreten und für die Erkrather Bürger als Ansprechpartnerin da sein. Zwischenzeitlich hatte sich die 51-Jährige mit Managementerfahrung im Januar dieses Jahres auch mal als hauptamtliche Bürgermeisterkandidatin aufstellen lassen wollen.

"Ich dachte, ein neues Gesicht könnte Erkrath gut tun", sagt sie unverblümt. "Und Frauenpower an der Spitze eventuell auch." Kurzfristig hatte sie sich jedoch aus gesundheitlich Gründen von dem Posten verabschiedet und ihn dem altgedienten Kollegen Detlef Ehlert überlassen. Ein Rücktritt ins zweite Glied ist der Stellvertreterposten für sie nicht: "Ich bin überzeigt von dem, was ich mache", sagt sie. "Das macht mir Spaß."

Ganz so viel Zeit wie die Kollegin Regina Wedding von der CDU wird die Geschäftsfrau wohl nicht in die Arbeit der stellvertretenden Bürgermeisterin stecken können. Denn der Familienbetrieb in Bruchhausen muss weiterlaufen. Hilfe hat sie von der Tochter sowie der Schwiegertochter und zwei Aushilfen. "Ich werde mich aber immer bemühen, eine Lösung zu finden, sobald ein Bürger mich anspricht", sagt sie. Und das wünscht sie sich sehr.

Vier erste öffentliche Auftritte hat Lahnstein jetzt hinter sich: Abi-Feiern in den Gymnasien, den Besuch eines Konzertes der Singpause, eines Projektes für Grundschulkinder. Auch ihre erste Rede hat sie gehalten - vor dem SPD-Kreisparteitag. "Das war nur eine Begrüßung", sagt sie. Gewöhnt ist sie das freie Reden in der Öffentlichkeit noch nicht. Aber da setzt sie auch auf die Schützenhilfe ihrer Vorgängerin Edeltraud van Venrooy.

Als Ratsfrau sitzt Lahnstein im Haupt- und Finanzausschuss und im Ausschuss für Schule, Sport und Soziales. Kinder und Jugend werden dann auch ihre Schwerpunkte sein. Und das Repräsentieren.

Was sie an Erkrath liebt? "Dass wir hier Natur in Hülle und Fülle haben und dass die Erkrather sich sehr für ihre Heimatstadt engagieren. Gunnar Greuel von der Hochdahler Givebox und seine Idee, eine Eisbahn und ein Winterdorf an den Hochdahler Markt zu holen, findet sie fantastisch. "Das wäre eine Aufwertung für Hochdahl. Ich verstehe nicht, warum sich die ansässigen Geschäftsleute nicht an der Bandenwerbung zur Finanzierung beteiligen", sagt sie.

Was besser sein könnte? "Vieles müsste schneller gehen und nicht so endlos lange von der Politik diskutiert und debattiert werden", sagt sie. Die Belebung der Zentren von Alt Erkrath und Sandheide sieht sie problematisch. "Man müsst ordentlich investieren und würde dann vielleicht sehen, dass es trotzdem nicht funktioniert. Das macht doch kein Geschäftsmann." Zu Pose Marré steht sie eher kritisch: "Ich weiß nicht, ob die Leute, die dort hinziehen, eine Verbindung zu Erkrath haben und sich hier engagieren." Letztlich ist besonders der alte Ortsteil für sie ein Dorf, in dem jeder jeden kennt.

Der Job als Stellvertreterin des Bürgermeisters lässt ihr Zeit genug für ihre Leidenschaften: die Hunde Brownie und Quincy, den Enkel Fynn und Hof und Garten. "Ein Spaziergang am Tag muss sein", sagt sie. Und auch die Wahlheimat Niederlande ist nicht aus ihrem Leben gestrichen.

Zweimal im Jahr geht es zum Urlaub an die Nordseeküste nach Renesse. Und mehrfach im Jahr geht zum Einkaufen über die Grenze. Saté-Spieße, das "pampige Weißbrot", Gebäck und Schokolade füllen bei der Rückkehr unter anderem den Kofferraum.

Die Vorliebe für Holland und die Menschen dort hat sie sich erhalten: "Ich lieb die Offenheit, dass man jederzeit jeden ohne Voranmeldung besuchen kann." Auch Sabine Lahnstein hält nicht viel von verschlossenen Türen. Sie nimmt sich ein Beispiel an den Holländern: Dort sind die Hintertüren immer geöffnet", sagt sie. Die Gemütlichkeit der kleinen, gepflegten Orte und das ausgeprägte Wir-Gefühl haben es ihr angetan. Aber zurück zieht es die stellvertretende Bürgermeisterin nicht.

(RP)
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