Wachtendonk Die Angst vor neuem Wassermangel

Wachtendonk · Die jüngsten Schlagzeilen über mit Gülle verseuchtes Grundwasser wecken in Wachtendonk Erinnerungen. 1982 war dort die Nitratbelastung zu hoch. Aus Tanks wurde die Bevölkerung versorgt. Grenzwert noch zum Teil überschritten.

 Erinnerung an 1982: In Eimern mussten sich die Wachtendonker ihr Trinkwasser aus dem Feuerwehrhaus holen.

Erinnerung an 1982: In Eimern mussten sich die Wachtendonker ihr Trinkwasser aus dem Feuerwehrhaus holen.

Foto: pr

Die Kombination von Gülle und Grundwasser in den Schlagzeilen der vergangenen Tage weckt bei Katharina Busch schlechte Erinnerungen. "Ist denn in 30 Jahren keiner schlau geworden?", fragt die Wachtendonkerin sorgenvoll. In ihr werden Bilder von 1982 wach. Damals wurde die Bevölkerung in der Niersgemeinde aus Tankwagen mit Trinkwasser versorgt, weil Nitrat aus landwirtschaftlicher Düngung das Grundwasser zu sehr belastete. "Ich musste meiner kleinen Tochter Mineralwasser zu trinken geben", berichtet Katharina Busch. Sie befürchtet, dass irgendwann wieder Wasser-Tankwagen durch Wachtendonk fahren.

So skeptisch ist Bürgermeister Udo Rosenkranz nicht. "Unser Wasser ist Oberflächenwasser, das zeitnah das Nitrat abbekommt." Doch in Nettetal und Straelen, von wo die Wachtendonker seit mehr als 25 Jahren ihr Trinkwasser beziehen, komme das Wasser aus ganz anderen Schichten. Sprich: aus größeren Tiefen.

Das Wasserwerk in Straelen-Kastanienburg holt das lebenswichtige Nass aus sieben Brunnen. "Sechs Brunnen fördern in 50 Metern Tiefe aus dem zweiten Grundwasserstock, einer in 80 Metern Tiefe aus dem dritten Grundwasserstock", erklärt Monika Trienekens, die Produktverantwortliche in Straelens Stadtverwaltung. Eine beziehungsweise zwei Tonschichten sorgen für zusätzlichen Schutz über den Brunnen. "Das Regenwasser braucht Jahrzehnte, bis es die Brunnen erreicht."

Außerdem, betont Monika Trienekens, gebe es mit allen Landwirten und Gärtnern innerhalb der Wasserschuttzone eine Kooperation. "Sie bekommen Zuschüsse dafür, dass sie umweltschonende Düngemittel einsetzen." Berater der Landwirtschaftskammer begleiten die Landwirte, entnehmen jedes Jahr Bodenproben.

Die Messungen stellen dem Straelener Trinkwasser, das auch die Wachtendonker zu sich nehmen, ein gutes Zeugnis aus. Bei der Kontrolle im November 2013 wurden weniger als ein Milligramm Nitrat pro Liter festgestellt. Erlaubt sind laut Trinkwasserverordnung 50 Milligramm pro Liter. Von ganz anderen Messwerten berichtet Harald Gülzow. "Im Gelderner Raum liegt ein Drittel unserer Proben über dem Schwellenwert der Trinkwasserverordnung", erklärt der Vorsitzende des Vereins VSR-Gewässerschutz. Auch in den 75 Eigenversorgungsanlagen in Wachtendonk, die nicht an das Netz angeschlossen sind, wird der Grenzwert mitunter überschritten. "Die Messungen ergeben zwischen 25 und 65 Milligramm pro Liter", fasst Kreis-Pressesprecherin Ruth Keuken die an die Kreisverwaltung per Kopie geschickten Resultate unabhängiger Labors zusammen. Wo die 50 Milligramm nicht eingehalten werden, muss geprüft werden, ob Säuglinge oder Kleinkinder in dem betreffenden Haushalt leben. Kreis-Sprecherin Ruth Keuken sag dazut: "Wenn nicht, sind Ausnahmegenehmigungen möglich." Denn der Grenzwert für Erwachsene liegt bei 130 Milligramm Nitrat pro Liter.

Es müsse etwas passieren, fordert Physiker Gülzow. Die Dünge-Verordnung sei auf den aktuellen EU-Stand zu bringen. Deutschland muss laut Gülzow die Nitratrichtlinie von 1996 noch umsetzen. Das, was die Niederländer, die ihre Gülle hierhin exportieren, 2006 bereits gemacht haben.

Sondergenehmigungen darf es nach Ansicht des VSR-Vorsitzenden nicht mehr geben. Außerdem seien die Düngeverluste in der Landwirtschaft zu hoch. Viel Material komme nicht direkt an die Pflanzen, sondern versickere im Boden. Harald Gülzow sagt: "Es dürfte nur eine bestimmte Menge Stickstoff pro Jahr aufgefahren werden, dann ist Schluss."

Es liege dann in der Entscheidung des Landwirts, wann die Gülle aufgebracht wird.

(RP)
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