Geldern Ernüchterung folgt der Kriegseuphorie

Geldern · Im dritten Teil der Veröffentlichungen aus dem Buch "Macht Euch keine Sorgen, es geht mir gut" geht es um das Ende des Ersten Weltkriegs. Der Walbecker Soldat Jakob Schopmans beschreibt das in Feldpostbriefen an seine Familie.

Durch enge Gräben kriechen, ständig die Angst im Nacken und den Tod vor Augen, so beschreibt Jakob Schopmans seine Kriegserlebnisse, die er in Feldpostbriefen an seine Familie festgehalten hat. Sein Enkel Klaus Schopmans hat die Briefe und Tagebucheinträge im Buch "Macht Euch keine Sorgen, es geht mir gut" veröffentlicht. Darin wird der Leser mit den Eindrücken, die der Krieg bei dem jungen Soldaten hinterlässt, konfrontiert. Wir berichteten bereits von der Euphorie zu Beginn des Krieges und druckten einen Tatsachenbericht aus dem Schützengraben.

Nun gibt es einige Auszüge aus Briefen, die in den letzten Kriegstagen entstanden:

"Im Wald von Guiscard-Quesny, 18. April 1918, nachmittags 5 Uhr

Meine Lieben!

Die furchtbaren Tage sind vorübergegangen. Ich bin heil und gesund. Erst heute aber habe ich Gelegenheit, meine Erlebnisse seit dem ersten Ostertag schriftlich niederzulegen, und ich möchte die Ereignisse so schildern, wie ich sie erlebt und durchlebte, in ihrer ganzen furchtbaren Wirklichkeit, weil doch Briefe dieser Art zu meinen Kriegserinnerungen gelegt werden müssen. Darum Du, liebe Mutter, lies lieber nicht was ich heute schreibe, und auch Du, lieber Vater, wenn Dein Gemüt bei Deinem hohen Alter das Furchtbare nicht mehr ertragen kann, geh achtlos darüber hinweg und höre nicht darauf, was ich Euch erzähle.

Dir und Mutter muss es genügen, wenn Ihr wisst, dass ich die schreckliche Zeit, die in solcher Furchtbarkeit wohl nie wieder für mich kommen wird, glücklich überdauert habe." Es dauert zwei Tage, bis Jakob Schopmans von seinen Erlebnissen berichtet. Er schreibt am 23. April 1918 um 2 Uhr: "Erst heute komme ich dazu, meinen Brief fortzusetzen. In Kürze meine Erlebnisse seit dem 1. Ostertag. Den Ostermorgen verlebte ich im Keller in Crisolles. Gegen Nachmittag wanderte ich über das alte Schlachtfeld, zwischen Rimbercourt, Quesny und Mancourt, nicht weit von Beauqies, wo wir das erste Nachtgefecht hatten. Da fand ich die Kameraden wieder, die ich mit einem Schluck Kaffee gelabt hatte, als sie schwer verwundet zu trinken begehrten. Nun waren sie tot, da ihnen nicht rechtzeitig Hilfe zuteil geworden war. Max Schüren, mein Freund aus Franchevale (Jeamce Chenot), lag schon im Massengrab. ,Grüß mir meine Braut', hatte er mir sterbend nachgerufen, während ich mit den anderen unaufhaltsam vorwärts stürmen musste.

Eines Toten letzten Wunsch erfüllt man gern. Aber ich kenne seine Braut nicht und weiß nicht, wo sie wohnt. Wie soll ich sie da grüßen? Vielleicht erfährt sie nun nimmermehr, wann und wo und wie er sterben musste."

Einen seiner letzten Feldpostbriefe schreibt er aus dem französischem Marville vier Monate später, am 5. August 1918. Von der Euphorie, mit der die Männer in den Krieg zogen, ist nichts mehr zu spüren. "Die letzten Dinge werden ärger sein als die ersten. Wir hätten längst Frieden haben können, wenn der deutsche Michel nicht so dickköpfig gewesen wäre. Die Begeisterung bei den Truppen ist längst verschwunden. Man hat sie zu undankbar behandelt. Man kann hinkommen, wohin man will, überall schreit man nach Frieden."

Am 27. November 1918 wird der Walbecker Jakob Schopmans endlich aus dem Heer entlassen, obwohl der Erste Weltkrieg für das Deutsche Kaiserreich bereits am 11. November durch den Waffenstillstand von Compiègne zu Ende ging. Was bleibt, sind die mahnenden Erinnerungen.

(bimo)
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