Straelen Heilige Barbara als "Sensations-Fund"

Straelen · Im Giebel eines Gasthauses ist eine Holzfigur von 1370/80 gefunden worden. Früher stand sie als Schutzpatronin im Straelener Stadttor. Die Barbara-Bruderschaft setzt sich für die Restaurierung ein.

Sie ist auf den ersten Blick nicht schön. Aber der Kenner ist von ihr verzückt. Nicht nur Straelens Stadtarchivarin Claudia Kurfürst spricht von einer Sensation. "Keiner wusste, dass sie so alt ist", sagt die Stadtarchivarin und zeigt ein paar Fotos von ihr, der Heiligen Barbara, die fast 650 Jahre alt ist. Im vergangenen Sommer ist die Figur mit Hilfe der Straelener Feuerwehr aus einem Giebel der ehemaligen Gaststätte Loevenich geborgen worden. Das Haus liegt unweit des Stadtarchivs an der Ecke Südwall/Rathausstraße.

Über den Bildschirm des Fernsehers im Archiv flimmern die Bilder der Rettung. Eigentlich habe man nur nachsehen wollen, ob die Figur echt sei und keine Nachbildung, erklärt Ehrenpräsident Franz Kretz die Entscheidung der Barbara-Schützen, einen genaueren Blick auf ihre Schutzpatronin zu werfen. Die stand seit 1828 in einem eigens für sie angebauten Giebel des ehemaligen Vereinslokals der Bruderschaft. "Erstaunlich schwer", war der erste Eindruck von Straelens Stadtarchivarin, als sie die Figur das erste Mal in den Händen hielt. Die Figur ist aus Nussbaum.

So richtig offenbar wurde der Wert der Heiligen aber erst in der Restaurationswerkstatt in Brauweiler. Stadtarchivar a.D. Bernhard Keuck und Karl Pellens von den Freunden des Stadtarchivs verpackten die hölzerne Dame sicher in Luftpolsterfolie und begleiteten sie. "Als wir dort ankamen, hatte sich ein weltweit bekannter Professor über Skype zugeschaltet und noch einmal gesagt, dass es eine richtig dolle Sensation ist", sagt Keuck. Der Restaurator konnte die Heilige aufgrund ihres Hüftschwungs der sogenannten Kölner Schule zuordnen. Daraus lässt sich schließen, dass die Figur aus dem Jahr 1370/80 stammt.

Die Heilige Barbara stand als Schutzpatronin in einem der vier Stadttore Straelens, im Kuhtor. Im Gelderner Tor stand die Heilige Lucia, im Mühlentor Katharina und im Venloer Tor Maria. "Sie ist die einzige, die übrig geblieben ist", sagt Stadtarchivarin Kurfürst.

Das Auge und das Wissen des Restaurators förderten noch mehr zu Tage. Mit der Heiligen ist nicht gerade zimperlich umgegangen worden. Der Legende nach wurde Barbara von ihrem heidnischen Vater in einen Turm gesperrt. Deswegen trägt sie den Turm als Erkennungszeichen. Der Straelener Figur war nicht immer eine Heilige Barbara. "Nur Kopf und Körper sind original", erklärt die Stadtarchivarin. Die Krone hingegen sei eher barock und die vielen Farbschichten über die Jahre lassen die erste Farbgebung nicht einmal mehr erkennen.

Von der alten Farben befreit, sieht man nun die geschnitzten Löckchen der Barbara. "Sie wird nicht wieder farbig, weil man die Urfassung nicht gefunden hat", sagt Kurfürst. "Keiner, der etwas auf sich hält, geht da noch einmal dran."

Für die restliche Freilegung, die Holzhärtung, Aufkittung und Retusche sind etwa 244 Arbeitsstunden vorgesehen. Auch unter das Röntgengerät soll der Fund. "Denn so etwas trifft auch bei den Restauratoren in Brauweiler nicht alle Tage ein", nennt Keuck die Besonderheit dieser Heiligenfigur. Sie soll in der Kirche St. Peter und Paul Straelen später eine neue Heimat finden.

15.000 Euro sind für die Restaurierungsmaßnahmen veranschlagt. Kurfürst wird Förderanträge ausfüllen. Die Schützen seien aber auch auf Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen, betont die Stadtarchivarin. Auf der Generalversammlung der Bruderschaft ist der Wille zur Restaurierung mit einer Gegenstimme beschlossen worden. Für Kurfürst steht völlig außer Frage, dass der "Sensationsfund" restauriert und dann wieder nach Straelen gehört. "So etwas muss man für weitere Generationen erhalten", sagt auch der Ehrenpräsident der Bruderschaft.

Wer das Unternehmen Restaurierung der Heiligen Barbara finanziell unterstützen möchte, wendet sich an den Präsidenten Alexander Heyer, Telefon 02834 2516.

(RP)
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