Gelderland In Lebensgefahr durch Selfies und Pokémon

Gelderland · Wenn Kinder und Jugendliche in den Ferien zu viel Zeit haben, kommen sie auf irrwitzige Ideen. Zum Beispiel spielen manche auf dem Bahngelände, fotografieren sich auf den Schienen oder jagen Pokémons. Die Bahnpolizei warnt dringend.

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Foto: Laura Ihme

Die sechswöchigen Sommerferien können für viele Kinder ganz schön lang werden. Wer nicht die ganze Zeit mit Reisen und Ausflügen verplant hat, kommt da gelegentlich auf Ideen, die Unheil nach sich ziehen können. So warnt die Bundespolizei aktuell vor den Gefahren des Spielens an Bahnanlagen. Neuerdings kommt zum bekannten Herumstromern auf Bahnflächen und dem Überqueren von Gleisen noch ein weiteres lebensgefährliches Tun hinzu: Einige Jugendliche nutzen das filmisch bekannte "Sehnsuchtsmotiv" Endlos-Schienen als Hintergrund für Selfies. Oder jagen mit ihrem Handy gar Pokémons, die sie auf den Gleiskörpern vermuten.

In Neuss gab es vor wenigen Tagen folgende Situation: Zeugen meldeten der Bundespolizei, dass vier Kinder auf den Gleisen umhersprangen und mit Schottersteinen warfen. Die Bundespolizei kam schnell hinzu und übergab die Acht- bis 13-Jährigen ihren Eltern. "So etwas ist für uns leider Alltag, auch wenn manchmal wochenlang keine Vorkommnisse festgestellt werden und dann wieder tagelang hintereinander", sagt ein Fahrdienstleiter auf der Strecke Kleve-Geldern. "Gleise üben auf Jugendliche offenbar eine magische Anziehungskraft aus. Das sehen Sie ja auch an den Graffitis an unseren Gebäuden, an Stellwerken und Brücken", ergänzt der Bahn-Mitarbeiter, der seinen Namen lieber nicht nennt.

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Gleise sind alles andere als ein Spielplatz, betont die Bundespolizei, die immer wieder mit tödlichen Unfällen zu tun hat. "Den jungen Menschen ist dabei nicht bewusst, in welch gefährliche Situationen sie sich oftmals begeben. Bundesweit kommt es immer wieder zu Unfällen, bei denen Kinder oder Jugendliche schwer oder gar tödlich verletzt werden, weil sie in den Bahngleisen spielten", heißt es in einer Pressemitteilung. Auch beim Fotografieren mit dem Handy sei es bereits zu solchen Unfällen gekommen - die jungen Leute sind fixiert auf ihre Motive und deren Wirkung und völlig abgelenkt von dem, was weit wichtiger wäre.

Der Mann, der aus seinem Stellwerk heraus auf die Schienen blickt, funkt nicht selten einen Zugführer an, weil der reagieren muss auf das, was sich da auf dem Gleis tut. Seiner Erfahrung nach seien es gar nicht so sehr die Bahnhöfe selbst, wo sich junge Leute falsch verhielten, sondern meist die abgelegenen, schwer einsehbaren Gelände an den Ortsrändern. "Wenn ich spielende Kinder oder herumlungernde Jugendliche in der Nähe der Schienen sehe, weise ich den Zugführer an, langsam zu fahren oder sogar zu stoppen. Die Leute sollten, wenn sie sich über Verspätungen bei der Bahn aufregen, auch mal bedenken, dass nicht selten solche Anlässe dazu führen", sagt der Fahrdienstleiter weiter. Das Bahngeschehen sei eine sehr sensible Sache. Schon kleinste Anlässe führten dazu, dass der Fahrplan durcheinander gerate.

Hans-Willi Theunissen, der den Bahn-Shop "Train-Stop" in Kevelaer betreibt, hat mit spielenden Kindern kaum zu tun, versichert er. Hingegen habe er schon häufig beobachtet, dass Jugendliche, die fürchten, ihren Zug zu verpassen, einfach über die Gleise laufen, statt die (zugegeben hohe und zeitraubende) Treppe auf die andere Seite des Bahnhofs zu nutzen. "Wenn ich das mitkriege, spreche ich sie an. Aber das ist sicher eher selten der Fall, denn ich habe ja viel Kundschaft", sagt Theunissen. Auch die Flüchtlinge, die in den Asylunterkünften gleich neben den Bahngleisen untergebracht sind, kürzen den Weg Richtung Stadt gelegentlich unerlaubterweise ab. Häufiger fielen jedoch die halbwüchsigen Bahnkunden mit diesem leichtsinnigen Verhalten auf. Auch am Klever Bahnhof ist das Problem bekannt, vor allem die lebensgefährliche Unsitte, die Gleise zur Vermeidung eines Umwegs zu queren. Auch in Geldern wird schon mal eine Abkürzung genommen. Ebenso wie in Kevelaer führt in der Kreisstadt eine mächtige Brücke über den Gleiskörper. Wer auf die letzte Minute Richtung Bahnhof sprintet, mag auf die irrsinnige Idee kommen, die direkte Verbindung zu nutzen. Davon ist aber dringendst abzuraten. Zwei Minuten früher aufbrechen kann im Ernstfall Leben retten. Gar nicht zu reden von den Nerven der Bahn-Mitarbeiter und Anwohner, die sich oft genug über das Fehlverhalten erschrecken und Hilfe bei den Ordnungsbehörden suchen.

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Foto: dpa, dy; tmk

Die Bundespolizei appelliert an die Eltern, mit ihren Kindern über die Gefahren des Eisenbahnbetriebes zu sprechen. "Wer sich im Gleisbereich aufhält, begeht nicht nur eine Ordnungswidrigkeit oder unter Umständen sogar eine Straftat, sondern begibt sich in höchste Lebensgefahr." Anlieger, die Menschen auf den Gleisen beobachten, sollten nicht zögern, 110 oder auch die kostenfreie Hotline der Bundespolizei zu wählen: 0800 6 888 000.

(RP)
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