Goch Urlaub in der Zahnarztpraxis

Goch · Kinder gehen auf Phantasiereise, Erwachsene begeben sich an einen Wohlfühl-Ort: In der Zahnarztpraxis Hoffmann und Esser in Pfalzdorf werden Angstpatienten unter Hypnose behandelt. Jetzt war Tag der sanften Zahnheilkunde.

goch-pfalzdorf Es knirscht, rattert und gluckst – ein fieser Geräuschemix braut sich zusammen. Doch von alledem bekommt Eine nichts mit. Die Patientin liegt völlig entspannt auf dem Zahnarztstuhl, lässt die Paradontitis-Behandlung über sich ergehen und scheint in Gedanken ganz weit weg zu sein. Nach wenigen Minuten ist der Eingriff beendet, Brunhilde Menck wird wieder ins Hier und Jetzt befördert. Sie strahlt: Die Zähne sind gemacht und dabei war es wie im Urlaub. "Ich war in Schweden", erzählt die Gocherin, "dort habe ich einige Jahre gelebt und mich sehr wohlgefühlt." Bei der Hypnose werden die "Angstpatienten" an einen Ort geschickt, wo es ihnen gut gefällt, erklärt Dr. Clemens Esser.

Zusatzausbildung

Wie es ist, Angst vorm Zahnarztbesuch zu haben, weiß Dr. Pia Hoffmann aus eigener Erfahrung. Obwohl sie selbst Zahnärztin ist, habe sie lange Angst davor gehabt, sich im Mund "herumdoktern" zu lassen. Deshalb machte sie eine Zusatzausbildung zur Hypnotherapeutin. Zum Tag der sanften Zahnheilkunde stellten die beiden in Pfalzdorf praktizierenden Ärzte Clemens Esser und Pia Hoffmann jetzt ihr entspanntes Behandlungskonzept vor. Besonders Angstpatienten und Kinder können sich unter Hypnose ganz sanft an den Beißerchen behandeln lassen. Ihnen erzählt die Ärztin Phantasiegeschichten. Wenn die Spritze piekst, dann war das ein Kaktus, wenn es doll blutet, geht's in die Wüste, und um die Heilung anzukurbeln, weht ein trockener Wind über die Löcher. Ein Indiz dafür, dass der Patient entspannt ist: Der Katalepsie-Arm, eine Art Starre, ragt in die Höhe.

In ihrer Gemeinschaftspraxis erinnert nichts an den typischen Zahnarzt-Mief. Es duftet gut – kein bisschen nach Desinfektionsmitteln –, die Wände erstrahlen in fröhlichen Farben, Fische schwimmen in einem riesigen Aquarium. "Wir möchten, dass sich die Patienten bei uns wohlfühlen."

Von 80 Prozent, die mit dem Hypnose-Wunsch in die Praxis kommen, wollen sie am Ende nur etwa zehn Prozent machen lassen – "weil sie sich auch so durch die Atmosphäre schon wohlfühlen und keine Angst mehr haben", sagt die Zahnärztin.

Auch Brunhilde Menck hatte seit ihrer Kindheit Angst vor Zahnärzten. "Ich bin einfach nicht mehr gegangen, bis ich starke Schmerzen bekam und hin musste", erzählt die Gocherin. Sie landete in der Pfalzdorfer Praxis, die es seit etwa zweieinhalb Jahren gibt, und kann mittlerweile einige Behandlungen auch ohne Hypnose durchführen lassen. Esser: "Das ist unser Ziel."

Das Zahnarzt-Paar wendet Hypnose auch bei Daumenlutschen, Allergien, Warzen oder zur Raucherentwöhnung an. Bei Benedikt (8) haben drei Sitzungen gereicht, seitdem lutscht er nicht mehr am Daumen, freut sich Mutter Sonja Peters. Auch die Zahnärztin selbst hat keine Angst mehr. "Ich hab mir ja den besten Zahnarzt ausgesucht", sagt sie und grinst ihren Mann an.

(RP)
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