Analyse Was ist nach Schüco? - Konzepte gesucht

Haan · Fast 160 Arbeitsplätze gehen Haan mit dem Wegzug der Firma Schüco verloren. Die Politik sieht unterschiedliche Lösungen.

 Dieses Luftbild zeigt das Schüco-Werk in Haan aus der Vogelperspektive. Der Konzern will das Werk mit Jahreswechsel 2014/2015 aufgeben. Rund 160 Mitarbeiter sind betroffen.

Dieses Luftbild zeigt das Schüco-Werk in Haan aus der Vogelperspektive. Der Konzern will das Werk mit Jahreswechsel 2014/2015 aufgeben. Rund 160 Mitarbeiter sind betroffen.

Foto: Schüco

Konnten Wirtschaftsförderung und Bürgermeister schon vor der offiziellen Bekanntgabe der Firma Schüco, den Standort Haan aufzugeben, etwas von den aufziehenden Gewitterwolken wissen? Diesen Vorwurf machte jetzt die SPD dem parteilosen Bürgermeister Knut vom Bovert und stellte dessen Kontakte zur Haaner Wirtschaftswelt in Frage. Ein schwerer Vorwurf.

In einer Pressemitteilung betonten die Firma Schüco sowie Bürgermeister Knut vom Bovert und die Wirtschaftsförderung daraufhin, dass der Aufsichtsrat des Konzerns seine Entscheidung erst am 3. April dieses Jahres am Sitz der Eigentümerfamilie getroffen habe. Die Firma Schüco hat ihre Wurzeln in Bielefeld, also weit jenseits der Stadtgrenzen von Haan. Und erst am 8. April wurde die Belegschaft informiert. Dass die Firma Schüco erst kurz zuvor eine millionenschwere Investition in ihren Haaner Standort getätigt hatte, wog die Haaner in Sicherheit. Als wirtschaftlich unsinnig erscheint es den meisten, einen Standort aufzugeben, nachdem so viel Geld in ihn investiert wurde. Umso mehr zeigt die Entscheidung zum Umzug, unter welchem Druck das Unternehmen steht.

Die Zeiten haben sich geändert. Mitarbeiter nehmen anhand kleinerer Warnsignale zwar vielfach schon früh wahr, wenn sich ihr Arbeitgeber in finanzieller Bedrängnis befindet. Sie wissen, DASS etwas passiert. Aber WAS passiert, erfahren auch sie immer häufiger als Letzte. Denn die Entscheidungen werden in den abgelegenen Konzernzentralen gefällt, und von dort aus versendet sich der Flurfunk. Und so werden auch Mitarbeiter von den getroffenen Unternehmensentscheidungen heutzutage oft schmerzhaft überrascht. Beispiele gibt es genug.

Ungeachtet dieser Diskussion ist für die Stadt Haan der Fortzug von Schüco ein harter Schlag. Mit 160 Mitarbeitern zählt der Betrieb in der knapp 30 000-Einwohner-Stadt schon zu den größeren. Genauso groß war auch die Firma Rockwell, die 2013 in die Nähe des Düsseldorfer Flughafens zog. Und die Firma Johnson Controls ist trotz aller Bemühungen gar nicht erst gekommen. 3500 Arbeitsplätze hätte der Automobil-Zulieferer mitgebracht. Weitere Betriebe wandern ab, wie der Garten- und Landschaftsbaubetrieb Brucksch, andere siedeln sich gar nicht erst an, weil die Stadt ihnen kein passendes Angebot zu unterbreiten vermag.

Doch wie lässt sich der Verlust von 160 Arbeitsplätzen kompensieren? Die Lösungsansätze sind unterschiedlich. Bürgermeister Knut vom Bovert sagte im vergangenen Wirtschaftsförderungs- und Liegenschaftsausschuss, dass sich die Stadt Haan bei ihrer Ansiedlungspolitik vor allem auf größere Betriebe konzentriere. Darauf weist auch die geplante Parzellierung des 150 000 Quadratmeter großen, zweiten Abschnitts des Technologieparks hin: Kein zu vermarktendes Grundstück darauf soll nach Möglichkeit kleiner als 10 000 Quadratmeter sein, sagt Wirtschaftsförderer Elmar Jünemann. Zum Vergleich: Das leer stehende Rockwell-Gelände umfasst 13 000 Quadratmeter. Die Entwicklung des Technologieparks ist aus Sicht von Jens Lemke (CDU) denn auch der wichtigste Ansatz, den Aderlass an Arbeitsplätzen in Haan auszugleichen. "Jetzt erst recht", so lautet das Credo. Die SPD verfolgt hingegen einen anderen Ansatz. Warum nicht in einem Technologie- und Gründerzentrum Start up-Unternehmen, also auch kleinere Betriebe, fördern?, regt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jörg Dürr an. "Wenn dann einer mal pleite geht, hat das nicht so schlimme Auswirkungen wie bei einem großen Unternehmen, das wie Schüco seinen Standort verlagert."

(RP)
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