Analyse Ratsleute akustisch nicht zu verstehen

Haan · Der historische Ratssaal in Haan ist wenig bürgerfreundlich. Es gibt bessere Alternativen für die öffentlichen Sitzungen.

 Heute ab 17 Uhr tagt der Rat – nicht im historischen Sitzungssaal (im Bild), sondern im Pädagogischen Zentrum Adlerstraße. Kämmerin Dagmar Formella bringt den Etatentwurf ein – ohne Steuererhöhungen und mit wichtigen Projekten.

Heute ab 17 Uhr tagt der Rat – nicht im historischen Sitzungssaal (im Bild), sondern im Pädagogischen Zentrum Adlerstraße. Kämmerin Dagmar Formella bringt den Etatentwurf ein – ohne Steuererhöhungen und mit wichtigen Projekten.

Foto: ola

Der Stadtrat ist die demokratisch gewählte Vertretung der Bürger. Er ist für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit es die Gemeindeordnung nicht anders bestimmt. Die Sitzungen des Stadtrates sind grundsätzlich öffentlich. Die Gemeindeordnung sieht nur wenige Ausnahmen vor. Im Stadtrat — und in seinen Fachausschüssen — werden also wichtige Entscheidungen für das Gemeinwesen getroffen. Verständlich, dass viele Bürger, insbesondere wenn sie selbst betroffen sind, die politische Diskussion live verfolgen möchten.

Das ist in Haan aber ein Problem. Der historische Sitzungssaal im denkmalgeschützen Rathaus (Baujahr 1903) ist zwar sehr repräsentativ und ein würdiger Rahmen für offizielle Empfänge, Ehrungen und Vorträge, aber für Ratssitzungen nicht geeignet. Der Sitzungssaal ist zu klein. Als er geplant wurde, war es nicht üblich, dass Bürger Ratssitzungen mitverfolgten. Die Mitglieder des Rates sitzen in einer Runde, die Zuschauer müssen am Ende des Saales außerhalb der Runde Platz nehmen. Sie sind optisch und akustisch außen vor. Zuschauer können häufig nicht sehen, welches Ratsmitglied gerade spricht, geschweige denn den Wortbeitrag akustisch komplett verstehen. Denn die Ratsmitglieder sprechen in die Sitzungsrunde und nicht in Richtung Zuhörer. Es gibt keine Mikrofone und Lautsprecher, die die Stimmen verstärken.

Wenn Referenten und Gutachter in den Sitzungen ihre Ergebnisse vortragen, illustrieren sie dies meist mit Power-Point-Präsentationen. Sie werden inzwischen durch zwei Beamer auf die beiden Seitenwände des historischen Ratssaales projiziert. Ratsmitglieder können diese Präsentationen gut lesen, Bürger auf den Zuhörerplätzen am Saalende schlecht bis gar nicht. Die Referenten sprechen in Richtung Verwaltungsbank und Ratsrunde, häufig weg von den zuhörenden Einwohnern.

Diese bürgerunfreundlichen Rahmenbedingungen des historischen Sitzungssaales sind Rat und Verwaltung durchaus bewusst. Deshalb wurden andere Tagungsorte für den Rat ausprobiert. Der Saal im Bürgerhaus Gruiten steht nicht mehr zur Verfügung, seit das Gebäude vor zwei Jahren wegen baulicher Mängel geschlossen wurde. Licht und Akustik im Pädagogische Zentrum Adlerstraße sind nicht optimal, stellte unlängst die Unabhängige Wählergemeinschaft fest. Zudem soll dort bald gebaut werden.

Die UWG schlägt vor, ab der Legislaturperiode 2014 im Dieker Carree der städtischen Gemeinschaftsschule Mittelhaan zu tagen. Zu aufwendig, winkt Bürgermeister Knut vom Bovert ab. Weil die Zahl der Tische dort nicht ausreicht, müssten sie vor jeder Ratssitzung aus dem Gymnasium her- und später wieder weggeschafft werden. Nach der Kommunalwahl am 25. Mai wird der neue Rat deutlich kleiner sein, hat der alte Rat beschlossen. Dann könne man doch wieder im historischen Sitzungssaal des Rathauses tagen, meint vom Bovert. Pardon, Herr Bürgermeister, das geht wegen der eingangs beschriebenen Gründe gar nicht. Eine solche Entscheidung müsste regelrecht als Affront gegen die an der Ratsarbeit interessierten Bürger aufgefasst werden. Der alte Stadtrat hat sich darauf verständigt, dass der im Mai gewählte neue Stadtrat sich mit diesem Thema in seiner dritten Sitzung erneut befasst.

Eine bürgerfreundliche Entscheidung kann eigentlich nur lauten: Im historischen Sitzungssaal des Haaner Rathauses finden keine Ratssitzungen mehr statt. Eine Verbesserung der Akustik ist sicher technisch möglich, aber aufwendig und möglicherweise aus Sicht des Denkmalschutzes auch problematisch. Zudem würde sie nichts an den Sichtproblemen und am Platzmangel für Besucher ändern.

Der neue Stadtrat sollte sich dauerhaft auf einen neuen Tagungsort verständigen, der über moderne Veranstaltungstechnik verfügt. Dafür gibt es mehrere Optionen. Beim geplanten Neubau des Gymnasiums könnten die Anforderungen für einen neuen Veranstaltungsraum leicht berücksichtigt werden. Während der Bauzeit könnte der Rat das Forum des Dieker Carres nutzen. Im Gymnasium muss so viel umgeräumt werden. Da könnten ausreichend Tische auch im Dieker Carree untergebracht werden. Weitere Alternative: Die Stadtsparkasse Haan baut gerade einen Veranstaltungssaal für 200 Besucher — mit modernster Veranstaltungstechnik.

(RP)
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