Hückelhoven Einst Kloster der Armen und Kranken

Hückelhoven · Der Brachelener Pastor Rademacher hat vor 150 Jahren das Gut Haus Berg von einem Jülicher Adeligen gekauft und es zum "Kloster Maria Hilf" umgebaut.

 Das Maria-Hilf-Kloster Brachelen auf einer Postkarte zu Beginn des 20. Jahrhunderts (unten). Heute fügt sich an den Kernbau mit dem charakteristischen Türmchen der moderne Anbau des Altenheims der St. Gereon Seniorendienste an. Im Haupthaus ist die Kapelle erhalten.

Das Maria-Hilf-Kloster Brachelen auf einer Postkarte zu Beginn des 20. Jahrhunderts (unten). Heute fügt sich an den Kernbau mit dem charakteristischen Türmchen der moderne Anbau des Altenheims der St. Gereon Seniorendienste an. Im Haupthaus ist die Kapelle erhalten.

Foto: ISP / FOTO: ST. GEREON

Anno 1864 legte der damalige Pastor der katholischen Pfarrgemeinde Brachelen, P. J. Rademacher, den Grundstein für das, was sich 150 Jahre später als veritables Unternehmen in der Seniorenbetreuung darstellt: Haus Berg oder St. Gereon Seniorendienste. Grundstein bedeutet im übertragenen Sinn, dass der Seelsorger das "Gut Haus Berg" von dem in Jülich lebenden Freiherrn von Hövel kaufte und es zum "Kloster Maria Hilf" mit Hospital, Waisenhaus mit "Kleinkinderbewahranstalt" und Armenspeisehaus für Alte umgestalten ließ. Und er schenkte es 1868 der Pfarre, die dem heiligen Gereon geweiht ist.

Ein Jahr später dann, am 19. Juni 1865, erschien im zwar großen, aber doch recht stillen Dorf Brachelen eine kleine Reisegesellschaft, die wohl einiges Aufsehen erregt haben muss: Mutter Elisabeth von Jesu als Stifterin des Ordens der Franziskanerinnen von der hl. Familie, war mit drei ihrer Nonnen aus dem Mutterhaus im belgischen Leuven gekommen, um deren Dienstantritt im Maria-Hilf-Hospital zu begleiten.

Und dass die Einrichtung notwendig war im Dorf der Handwerker und des Kapbuschs, das schon fast 2000 Einwohner zählte, zeigt die Ortschronik: "Diese Anstalt nahm alte, abgelegte Personen sowie Kinder zum billigen Verpflegungssatz von 36 Talern jährlich auf, und die Gemeinde brachte manche alte, beim Betteln ergraute Personen in dieser Anstalt unter, wodurch die Bettelei, die hier stets stark geherrscht, wirksam gehemmt wurde."

In Zeiten vor staatlicher Sozialhilfe als allgemeinem Rechtsanspruch war auf lokaler Ebene die Armut das Problem überhaupt. Und die daraus folgende Bettelei. Die Gemeinde Brachelen stellte dem "Maria-Hilf-Hospital" genannten Kloster 700 Taler jährlich zur Unterstützung der Armen zur Verfügung - und verbot das Betteln. Letzteres wurde auch konsequent verfolgt, sodass Brachelen sich als bettelfrei bezeichnen konnte.

Dennoch reichten die 700 Taler wohl bei weitem für die Armenpflege und -mittagsspeisung von zumeist 30 bis 40 Personen nicht aus. Spender und der Orden mussten beispringen, das Erzbistum Köln übergab Pfarrer Rademacher 2000 Taler, für die die Pfarre die Betreuung von dessen Haushälterin im Hospital übernehmen musste. Darüber hinaus leisteten die Schwestern auch den Unterricht der "Elementarschule" und vermittelten Mädchen Nähfertigkeiten. Im "Kulturkampf" in den 1870-er Jahren, in dem das Königreich Preußen eine Trennung von Kirche und Staat durchsetzen wollte, war den Schwestern der Unterricht verboten. Auch die Betreuung der Waisenkinder wurde untersagt. Der Orden mietete ein Haus in Holland, wohin zwei Schwestern mit den Kindern zogen.

Vor allem diente das Kloster aber auch als Krankenhaus, kurz nach einer ähnlichen Einrichtung in Heinsberg (1861), aber vor denen in Erkelenz, Geilenkirchen, Gangelt und Wegberg. Rund 40 Betten standen zur Verfügung, um akute Verletzungen zu behandeln und unter anderem auch Amputationen vorzunehmen. 1911 wurde ein Isolierhaus zur Behandlung von Typhus, Malaria und Tuberkulose angebaut. Nach dem 1. Weltkrieg wurde dann die Wandlung zum reinen Altenheim vollzogen.

(isp)
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